Gescheiterte Flucht entlang des Bodensees

Die amerikanischen GIs William Amburn und William Kanos kamen nur bis Dornbirn.
Bregenz Im Rahmen ihrer gemeinsamen Serie werfen die VN-Heimat und das Jüdische Museum Hohenems einen Blick auf das Fluchtgeschehen in der Bodenseeregion während des Zweiten Weltkriegs.
Dort, wo sich der Weg von Bregenz nach Lochau zwischen Bodensee und Pfänderstock zu einer Klause verengt, versuchte bereits im August 1944 ein entflohener russischer Kriegsgefangener sein Glück. Nikolay Stalezky wähnte sich auf dieser Route nämlich irrtümlicherweise bereits hinter der von ihm dort vermuteten Schweizer Grenze und wurde nach dem Aufgriff durch eine Grenzschutzstreife ins Gefangenenhaus in der Bregenzer Oberstadt gebracht. Im unlängst auch als Buch erschienenen Projekt www.ueber-die-grenze.at ist zudem von zwei weiteren Kriegsgefangenen zu lesen, die wenige Monate später ebenfalls durch die Bregenzer Klause flüchteten; jedoch in die entgegengesetzte Richtung und vorerst sogar erfolgreich.
Ausbruch
Der symbolische Grenzstein am Radweg entlang der Pipeline auf Höhe des ehemaligen Bregenzer Militärbads bietet via QR-Code den Hörspielzugang zur Fluchtgeschichte der beiden Soldaten der US-Armee. Der 1920 geborene William James Kanos aus North Carolina war, wie auch der 1921 in Tennessee zur Welt gekommene William Fred Amburn, im Herbst 1944 in deutsche Kriegsgefangenschaft geraten. Später fanden sich beide im Gefangenenstammlager VII A in Moosburg bei München wieder, wo sie zu Aufräumarbeiten nach Luftangriffen oder zur Mithilfe in der Landwirtschaft verpflichtet wurden.
Mit der Bahn nach Lindau
Auch aufgrund der schlechten Verpflegung im Lager schmiedeten Amburn und Kanos bald ihre Ausbruchspläne, die sie am Abend des 13. März 1945 schließlich in die Tat umsetzten. In Zivilkleidung, die sie unter ihren Uniformen versteckt hatten, und ausgestattet mit Karten und Kompassen, erreichten sie zunächst zu Fuß den Bahnhof München-Pasing.
William Amburn war der deutschen Sprache mächtig und erstand für sich und seinen Fluchtgefährten zwei Zugtickets, wodurch die beiden via Kaufbeuren, Kempten und Immenstadt, nach teilweise längeren Aufenthalten und erst zwei Tage später, in den frühen Morgenstunden nach Lindau gelangten.
Zwischen ihnen und dem Grenzübergang in Lustenau stand nur mehr ein rund 30 Kilometer langer Fußmarsch, den sie noch im Schutz der Dunkelheit antraten und dabei die Bregenzer Klause passierten. Die weitere Route führte sie
über Lauterach nach Dornbirn, doch in der Abenddämmerung des 16. März scheiterte dort ihr Unterfangen.
Wie dem Vernehmungsprotokoll aus dem Dornbirner Stadtarchiv zu entnehmen ist, griff sie der SS-Untersturmführer und Meister der Schutzpolizei Luger um 18.30 Uhr in der Brückengasse auf und ließ sie bis zur Vernehmung in Dornbirn inhaftieren. Das Ende des Zweiten Weltkriegs lag bereits in der Luft, so war etwa Köln links des Rheins bereits einige Tage zuvor von den alliierten Truppen eingenommen worden, Frankfurt am Main und Mannheim sollten bald folgen.
Befreiung
Das unmittelbare Schicksal der beiden Soldaten bleibt indes zwar offen, wahrscheinlich ist aber, dass sie in das Gefangenenlager bei München zurückgebracht wurden, welches am 29. April 1945 von der US-Armee befreit wurde.
William Kanos arbeitete nach dem Krieg zunächst 17 Jahre lang in der Bauwirtschaft, ehe er entschied, sein Wissen weiterzugeben und ab 1969 an zwei Schulen in North Carolina Bauwesen und Tischlerei unterrichtete. 2014 folgte er seiner bereits zuvor verstorbenen Ehefrau und hinterließ, 93-jährig, eine Tochter, drei Enkel- sowie fünf Urenkelkinder. Bereits im Jahr 2000 verstarb hingegen William Amburn, dessen Frau ebenfalls schon vor ihm aus dem Leben geschieden war, in Tennessee. Die beiden hinterließen eine Tochter, sechs Söhne und zehn Enkelkinder. RAE
