Viel mehr Hitzetage in Vorarlberg

Vorarlberg / 15.07.2023 • 05:55 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Für Menschen, die im Freien arbeiten müssen, sind immer mehr Hitzetage eine Herausforderung: David Hartmann trinkt "untertags gut fünf Liter Wasser". <span class="copyright">Foto: VN/Steurer</span>
Für Menschen, die im Freien arbeiten müssen, sind immer mehr Hitzetage eine Herausforderung: David Hartmann trinkt "untertags gut fünf Liter Wasser". Foto: VN/Steurer

Seit den 1990er-Jahren hat sich die Zahl verdreifacht, eine weitere Zunahme ist absehbar.

SCHWARZACH Es ist nicht nur gefühlt so: Tendenziell gibt es immer mehr Tage mit einer Lufttemperatur von mindestens 30 Grad Celsius. Das sind sogenannte Hitzetage. Wie extrem sie ausfallen können, hat man gerade in Bludenz gesehen: Am 11. Juli ist hier mit 37,7 Grad ein neuer Temperaturrekord verzeichnet worden. Wobei es heikel ist, von einem Rekord zu reden: Alles in allem ist die Entwicklung besonders für geschwächte Personen gefährlich, wie Susanne Drechsel von GeoSphere Austria (ehemals ZAMG) bestätigt.

Viel mehr Hitzetage in Vorarlberg
Von Hitze und Trockenheit geprägter Walgau im Sommer 2018. Foto: VN/SteureR

Drechsel hat für die VN Daten von der Wetterstation Feldkirch abgerufen. Sie stehen exemplarisch für Vorarlberg. Dabei zeigt sich, dass es schon immer Jahre mit heißen Tagen gegeben hat. Ältere Angaben sind jedoch mit Vorsicht zu genießen. Und zwar, weil Wetterstationen früher noch nicht ausreichend belüftet waren.

Feldkirch: Von fünf auf 15

In der Montfortstadt gab es bis in die 1990er-Jahre hinein durchschnittlich gut fünf Hitzetage. Zum Teil kam es zu gar keinen (zum Beispiel 1978 und 1979), vereinzelt zu zehn und mehr. Seither ist es zu einer Zunahme auf rund 15 im Mittel gekommen. Das Jahr mit den bisher meisten war 2015 mit 27. Heuer wurden bis 11. Juli bereits zehn verzeichnet. Das sind schon mehr als vor gar nicht allzu langer Zeit nur in Ausnahmejahren über den gesamten Sommer hinweg.

Viel mehr Hitzetage in Vorarlberg

Hitzetage haben sich in Vorarlberg bisher eher auf das Rheintal und den Walgau beschränkt. Das ändert sich jedoch, wie Drechsel betont: „In Lagen oberhalb von 700, 800 Metern Seehöhe sind Hitzetage über viele Jahre hinweg selten gewesen. 2003 stellte einen markanten Schnittpunkt dar. Seither gibt es sie auch bis auf rund 1000 Meter hinauf immer wieder.“

Schon jetzt lebt ein Großteil der Bevölkerung im Land freilich in Gebieten mit sehr vielen Hitzetagen. Eine Entspannung ist nicht in Sicht. Im Gegenteil. Worauf man sich gefasst machen muss, macht Drechsel deutlich. Auf die Frage, ob 27 solcher Tage im Jahr früher oder später zur Normalität werden, sagte sie: „Ja, das muss man leider so sagen.“

Düstere Klimaszenarien

Klimaprognosen bestätigen dies: Ohne verstärkte Maßnahmen zur Treibhausgasreduktion wird es im Rheintal und im Walgau bis 2050, also schon sehr bald, um rund zehn Hitzetage mehr geben. Mit verstärkten Maßnahmen kann man den Zuwachs laut Drechsel im besten Fall noch auf sieben bis neun Tage beschränken: „Da sieht man, dass es bis zur Mitte des Jahrhunderts noch keine großen Effekte geben wird. Das wird erst in weiterer Folge der Fall sein.“ Konkret: Mit sofort verstärkten Maßnahmen zur Treibhausgasreduktion werde es bis 2100 um voraussichtlich 15 bis 20 Hitzetage mehr geben als heute, ohne ebensolche um „mindestens 30 Tage“, so Drechsel: „Dann gibt es vielleicht schon im April die ersten und erst im Oktober die letzten.“ In Summe könnte es dann in einem gewöhnlichen Jahr also gut und gerne 45 heiße Tage geben.

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„Für geschwächte Bevölkerungsgruppen wird das gefährlich werden“, erklärt Meteorologin Susanne Drechsel im Gespräch mit den VN. Foto: GeoSphere Austria

„Für geschwächte Bevölkerungsgruppen wird das gefährlich werden“, erklärt die GeoSphere-Austria-Mitarbeiterin: „Aber auch an Gesunden wird das nicht spurlos vorbeigehen. Es wird bei Tätigkeiten im Freien zu einer größeren Reduktion der Arbeitsleistung kommen.“ In Innenräumen werde es vielleicht erträglich bleiben, wenn man genug Geld für eine Klimaanlage hat. „Wenn ich das nicht habe, wird es zu einem größeren Problem“, so Drechsel. „Das zeigt, dass mit der Erhitzung auch eine soziale Dimension verbunden ist.“

Kühlender Bodensee

Zur Entwicklung der Hitzetage hat die Meteorologin bewusst die Daten der Wetterstation Feldkirch und nicht jene der Station Bregenz gewählt: In Bregenz werde die Temperatur an der Station durch die Nähe zum Bodensee gedämpft. In der stark versiegelten Innenstadt sei das zwar nicht der Fall, dort aber gebe es keine Station. In Feldkirch falle der kühlende „Bodenseeeffekt“ ebenfalls weg. Außerdem sei die Stadt von mehr Bergen umgeben: „Das bedeutet, dass es weniger Luftvolumen gibt und diese daher leichter erhitzt werden kann.“