„Es ist eklatant zu warm“

Die Klimaerwärmung schreitet mit einigen Auswirkungen weiter voran.
Bregenz Wir befinden uns mitten in einer Klimakrise. Dies bestätigt auch die Bundesregierung. Bemerkbar wird es vor allem bei den immer häufiger vorkommenden Hitzetagen, nicht nur in Vorarlberg, sondern weltweit. „Man darf es nicht nur ortsbezogen sehen, wo man selber ist, sondern man muss größere Perspektiven einnehmen“, sagt Simon Tschannett, Klimaforscher und Meteorologe. „Es war an einigen anderen Stellen in Europa bereits heuer viel zu warm und zu heiß.“
Dabei gibt es einen Unterschied zwischen Wetter und Klima. „Wetter ist das, was du jeden Tag anziehst. Klima ist das, was du dazu an Kleidung im Kasten hast.“ Jemand, der in der Südsee wohnt, habe einen anders ausgestatteten Kleiderschrank als jemand in Mitteleuropa. Um das Wetter fassbar für das Klima zu machen, gibt es sogenannte Klimaneutralperioden. „Eine solche Periode hat einen Zeitraum von 30 Jahren. Wenn man sagt, dass der Juni durchschnittlich warm ist, dann muss man das mit der Klimaneutralperiode vergleichen. Die aktuellste Periode geht von 1991 bis 2020 und ist schon stark vom Klimawandel beeinflusst“, erklärt Tschannett.
Die Temperatur ist zu hoch
Die letzte Klimaneutralperiode, die von der Erderwärmung nicht geprägt war, liegt weit zurück: 1960 bis 1990. Wird diese mit dem ersten halben Jahr von 2023 hier verglichen, sticht gleich hervor, dass es zu warm geworden ist. „Im Schnitt ist es 2,6 Grad wärmer. Das ist eklatant zu warm.“ Auch wenn es manchmal kühle Tage gibt, ist die Temperatur zu hoch. „Es ist interessant, wie sich unsere Wahrnehmung verändert, dass man meint, dass es wärmer sein müsste, obwohl es schon zu warm war oder ist“, sagt Tschannett. Durch die Wärme sei auch die Atmosphäre viel anfälliger für Starkniederschläge, da sie so mehr Wasser aufnehmen kann. „Der Niederschlag wird pro ein Grad mehr um 7 Prozent mehr, das ist exponentielles Wachstum. Bei Gewittern kann es bis zu 14 Prozent mehr Niederschlag bei einem Grad mehr geben.“
Dass der starke Regen einige Probleme mit sich bringt, ist auch Biolandwirt Simon Vetter bekannt. „Das Wetter ändert sich, das ist nichts Neues. Was allerdings ein neues Phänomen wie letztes Jahr im August ist: dass es 250 Millimeter in 24 Stunden regnet“, sagt er.
Trocken, feucht, trocken
Die Verteilung der Niederschläge sei die größere Hürde. „Wir hatten einen der trockensten Jänner, den feuchtesten April und den trockensten Juni seit es Aufzeichnungen gibt.“ Starkniederschläge und Bewässerung beschäftigen die Landwirte sehr, erst recht wenn lange Trockenperioden darauf folgen. „Auch auf den Alpen, wo im Sommer die Weidetiere sind, fehlt zum Teil Trinkwasser. Das war heuer bereits auf einigen Alpen knapp.“
Durch stetig sich ändernde Klimaparameter variieren auch die Ausbreitungsgebiete von Schädlingen. „Das haben wir auf allen Ebenen, egal ob Forst- oder Gemüsebau. Schädlinge, die wir davor nicht hatten, werden wir bekommen“, erläutert Vetter. „Es tritt alles ein, was sämtliche Forscher seit Jahren sagen. Das passiert jetzt. Es werden definitiv neue Herausforderungen auf uns zukommen.“ VN-PEM
