Bregenzer Oberstadt: Gruseliges über den Köpfen

VN-Serie Schaurige Plätze in Vorarlberg: Wer mit Stadtarchivar Thomas Klagian die Oberstadt in Bregenz erkundet, erfährt immer wieder Neues.
Bregenz „Du gruseliges, heimeliges Städtle, du!“ So lädt visitbregenz.com Interessierte in die Oberstadt ein. Und es wird nicht zu viel versprochen: Historische Wappen, ein mumifizierter Haifisch und das Relief einer keltischen Göttin lassen jeden sofort in eine mythische Welt eintauchen. Diesem einzigartigen Reiz erlag auch Thomas Klagian, Leiter des Stadtarchivs, der von sich selbst sagt: „Aus Dornbirn komme ich, aber Landeshauptstadt liebe ich.“ Schon als Bub verbrachte der studierte Historiker und Philologe viel Zeit bei seiner Oma.

„Die Wahrheit über den mumifizierten Haifisch
Thomas Klagian
ist überaus originell.“
Stadtarchiv
„Sie war eine begeistere Bregenzerin“, verrät der 53-Jährige, während wir von der Maurachgasse kommend die Stufen des Stadtsteiges hochgehen, um durch das Untere Stadttor in eine andere Welt zu gelangen. Es ist ein Wandeln im Genre der Phantastik, dessen Wurzeln sich in der Mythologie und den Sagen finden. Und schon sind wir mittendrin im Gänsehautgefühl, im Staunen über das historische Juwel, das vor uns liegt und im Schaudern über das Gruselige über uns.

Originelle Wahrheit
„Wie kommt der Haifisch in die Oberstadt?“, will man mehr über das mumifizierte Tier wissen, das über unseren Köpfen hängt. „Ein prähistorischer Bodenseehaifisch, würde ich gerne lügen.“ Klagian schmunzelt. Ist da etwas Geheimnisvolles an seinem Gesichtsausdruck zu erkennen? „Die Wahrheit über den Hai ist überaus originell“, fügt der Stadtarchivar hinzu und erzählt von Antiquitätenhändler Rudolf Sagmeister, der nach England ausgewandert war und bei Kriegsausbruch 1914 ausreisen musste. Mit dem Haifisch im Gepäck, der ursprünglich im Atlantik geschwommen war. Weil ihm das Torhaus gehörte, hängte er das tote Raubtier in den Torbogen. Auch die anderen Dinge wie das Hirschgeweih, die Schandgeigen und die Wappen stammen von Sagmeister.

Listiges Weib
Immer noch im Stadttor stehend, blicken wir linkerhand auf ein Relief, das eine Frau, auf einem Pferd sitzend, darstellt. Sofort denkt man an die Sage der Stadtretterin Guta. Das alte Weiblein rettete anno 1406 die Bregenzer vor einem Angriff der Appenzeller, die sie heimlich belauscht hatte. Doch Klagian korrigiert: „Es handelt sich um einen römischen Weihestein mit Relief der Pferdegöttin Epona, das im zweiten oder zu Beginn des dritten Jahrhunderts nach Christus entstanden sein dürfte.“ Allerdings hinge das Original im Vorarlberg Museum. „Das hier ist eine Kopie“, erzählt Klagian, immer noch am Unteren Stadttor stehend.
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Doch ein Rundgang lohnt sich allemal. Wir passieren das Alte Rathaus, den Hugo-von-Montfort-Brunnen, bekannt durch den alten Brauch der Geldbitlwäsch am Aschermittwoch, das Deuringschössle, das schon Egon Schiele als Motiv diente und den tatsächlichen Ehrenplatz der Bregenz-Retterin, den Ehregutaplatz.

Haus Nummer 5, eine Jugendstilvilla, die an das Deuringschlössle angrenzt und zum Stadtmauerensemble zählt, ist mit einer tragischen Geschichte verknüpft. Es gehörte dem Schriftsteller Alfred Meißner, der sich am 29. Mai 1885 das Leben nahm. Grund dafür könnte der Streit mit Autor Franz Hedrich sein. Dieser forderte von Meißner Geld, weil er die erfolgreichen Romane zu entscheidenden Teilen mitverfasste.
Rundgang
Bei allen Grusel- und Schauergeschichten ist die Bregenzer Oberstadt ein historisches Juwel und einen Besuch wert. Durch die schmalen Gässle schlendern, historische Gebäude bewundern oder ein Erinnerungsfoto mit der wildromantischen kleinen Brücke schießen, um über die Meißnertreppe wieder zurück in die Einkaufsstadt zu gelangen. CRO
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Stadtrundgang Oberstadt Bregenz
Dauer 1,5 Stunden (es gibt Stadtführungen)
Länge zwei Kilometer
Schwierigkeitsgrad leicht
Höhenmeter: 50 m
Parkmöglichkeiten Parkplatz Seestadt (1,40 Euro/Stunde)
Öffentliche Verkehrsmittel mit Bus oder Zug zum Bahnhof Bregenz
Einkehren Theatercafé (www.troybregenz.at)
Buchtipp Cowboy Joe, Kurt Bracharz, Haymon Verlag, 216 Seiten
Die goldene Schale – Spazieren in Bregenz, Thomas Klagian, Bertolini-Verlag, 212 Seiten