Versiegelt
Die nicht selten zu lesende Forderung, angesichts des hohen Ausmaßes an Bodenversiegelung den „Bürgermeistern“ die Kompetenz für Umwidmungen zu entziehen, ist in zweierlei Hinsicht grundfalsch: Erstens, weil die Aussage haarsträubender juristischer Unsinn ist. Nicht die Bürgermeister, sondern die Gemeindevertretungen sind zuständig. Zweitens, weil Zentralisierung das Problem nicht löst, sondern nur bei einer neuen Stelle konzentriert, ob das nun die Landesregierung oder ein Bundesministerium ist.
„So fühlen sich viele Menschen in ihrer Auffassung bestätigt, dass „die Bürgermeister“ im Bau- und Raumordnungsrecht über zu viel Macht verfügen.“
Die Affäre rund um den Präsidenten des Österreichischen Gemeindebundes Riedl, der in „seiner“ Gemeinde Grafenwörth durch Umwidmungen aus Grundstücksgeschäften gute Gewinne erzielte, kommt für die Gemeinden zu einem äußerst ungünstigen Zeitpunkt. Schon deshalb, weil sich der Gemeindebund nun für die Finanzausgleichsverhandlungen neu aufstellen muss. Auch die Ablehnung des geplanten Informationsfreiheitsgesetzes durch den Gemeindebund, das gerade auch bei Umwidmungen zu Transparenz führen soll, wird von weniger wohlmeinenden Beobachtern in Zusammenhang mit Vorgängen wie in Grafenwörth gebracht. So fühlen sich viele Menschen in ihrer Auffassung bestätigt, dass „die Bürgermeister“ im Bau- und Raumordnungsrecht über zu viel Macht verfügen. Dazu passt, dass einer (kurz vor „Grafenwörth“ erschienenen) Umfrage zufolge immerhin 57% der Befragten „die Baubehörden“ als sehr korrupt oder immerhin „nur“ korrupt betrachten. Ein schwacher Trost: für die „Heimatgemeinde“ wird diese Einschätzung nur von 29% der Befragten geteilt. Korrupt sind halt meistens die anderen.
Insgesamt ist das Bild von nur auf ihren eigenen Vorteil bedachten Bürgermeistern (und Bürgermeisterinnen) natürlich äußerst ungerecht, zum Teil von den Gemeinden (nicht nur in Grafenwörth, sondern auch andernorts) aber auch selbst verschuldet, wenn sich etwa Gemeindevertretungen zu willfährigen Handlangern des Bürgermeisters (der Bürgermeisterin) machen, obwohl sie ihm rechtlich übergeordnet sind. Dennoch wäre es keine Lösung, wenn anstelle der Gemeinden eine scheinbar allwissende Behörde darüber entscheiden sollte, wo im Land welcher Betrieb angesiedelt wird. Das wäre nicht nur undemokratisch und planwirtschaftlich, sondern garantiert auch deshalb keine besseren Resultate, weil sich nur die Ansprechpartner der Investoren ändern würden. Viel wichtiger ist es, die gesetzlichen Vorgaben für den Bodenverbrauch in den Gemeinden zu verschärfen. Das betrifft Umwidmungen ebenso wie Parkplätze oder flächensparende Bauweisen.
Peter Bußjäger ist Direktor des Instituts für Föderalismus und Universitätsprofessor in Innsbruck.
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