Wenn der Ischiasnerv verrückt spielt . . .

So wie bei mir beim vergangenen Fronleichnamsfest (verzeiht bitte, wenn ich erst jetzt darüber schreibe: immerhin liegt Fronleichnam schön länger zurück. Aber mich lassen diese Erfahrungen nicht los). Stell dir das vor: Alle waren in der Prozession unterwegs, die Schützen, die Vereine, die Abordnungen der verschiedenen Parteien, die Bevölkerung. Und dann, beim ersten Altar geht nichts mehr . . . ich kann nicht mehr weiterlaufen und sollte doch zu weiteren drei Altären: Monstranz tragen, Evangelium vorlesen, Segen erteilen usw. So, und jetzt? Im Wissen um meinen plötzlichen Zustand sage ich zu den Menschen: „Wenn euch das wichtig ist, müsst ihr weitermachen. Ohne ,geistliches Gefäß‘!“
Was passierte dann?
Die Feuerwehr brachte mich nach Hause und der diensthabende Arzt versorgte mich. Herzlichen Dank! Aber das war mir in diesem Moment gar nicht so wichtig! Viel wichtiger für mich war folgendes Geschehen: Frauen und Männer (also getaufte und gefirmte Menschen) kümmerten sich darum, Jesus weiterzutragen, seine Botschaft öffentlich vorzulesen und den Segen mit der Monstranz zu erteilen: einfach so, als wäre das die einfachste Sache der Welt! Und genau das hat mich persönlich zutiefst beeindruckt: Jesus und der Glaube an ihn brauchen kein „Zeigegerät“, eine Monstranz! Der glaubende, der hoffende und der liebende Mensch ist „die Monstranz“, in der und durch die Jesus Christus sichtbar und erfahrbar wird! Und dass dann, am darauffolgenden Fronleichnamssonntag genau dasselbe passierte: Ich durfte mit der Bevölkerung den Gottesdienst feiern; die Prozession, mit Evangelien vorlesen, Fürbitten und Segen wurde von „Laien“ übernommen – begleitet in gewohnter Form: Schützen, Musik, Vereine, Bevölkerung.
Was bedeutet das für die Zukunft?
„Kirche“ (im Ort) ist nicht zuallererst ein Gebäude, sondern vielmehr jene Menschen, die aus einem Tauf- und Firmbewusstsein heraus regelmäßig zusammenkommen, um miteinander das Leben zu feiern, das sie als Geschenk und Auftrag erhalten haben. Sie kommen zusammen, um Gott zu danken, zu loben, zu bitten; Orientierung durch das Wort Jesu (Bibel) zu bekommen, bewusst Brot und Wein (biblische Symbole für das Leben) miteinander zu teilen (das Leben miteinander zu teilen). Somit ist nicht „der Pfarrer“, der Priester, in der Gemeinde „der Träger“ des Glaubens, sondern vielmehr die getauften und gefirmten Christen selber! Und eine lebendige Gemeinde ist nicht zuallererst eine Gemeinde, die sich „versorgen lässt“, sondern die vielmehr selber dafür sorgt, dass Gott „zur Sprache“ kommt, einerseits in allen „kirchlich gewohnten“ Feierlichkeiten und andrerseits durch das persönliche Leben, das sich an der Botschaft Jesu orientiert, erfahrbar wird und nicht totgeschwiegen wird! Das muss, soll und darf in Zeiten des riesigen Priestermangels, den wir erleben, gesagt werden!
Bei uns, im Pfarrverband, nichts Neues!
Wie sehr wir hier im Pfarrverband „Nord“ (Hohenweiler, Hörbranz, Möggers) unterwegs waren und sind, geht aus folgender Tatsache hervor: Bereits im Jahr 1992 gab es bei uns Wortgottesdienstfeiern, geleitet von Frauen (was damals zu heftigen Reaktionen vonseiten der „kirchlichen Behörde“ führte). Dass schon damals die sogenannten sonntäglichen Wortgottesfeiern auch vonseiten der Bevölkerung dankbar angenommen wurden, sei nur noch am Rande erwähnt. In weiterer Folge leiteten ebenfalls Frauen und Männer (aufgrund des Priestermangels) besagte Fronleichnamsprozessionen (und andere Dinge)! Für mich als Pfarrer war und ist es selbstverständlich, die getauften und gefirmten Christen ernst zu nehmen, ihnen zuzutrauen, dass durch sie und ihr Leben – als lebendige Monstranzen – eine lebendige Kirche erfahrbar wird! Ich kann nur noch dafür danken und wünsche euch allen den Mut, darüber zu reden, was euch persönlich Hoffnung gibt, welchen Wert für euch die Botschaft Jesu hat und das, was du von dieser Botschaft verstanden hast, zu leben! Dann müssen wir uns um unsere Kirchen am Ort, in Zeiten des Priestermangels, keine Sorgen machen!
