Rund um das Glyphosat ist weiter alles offen

Befristete europäische Zulassung läuft im Dezember aus, im Oktober könnte darüber abgestimmt werden. Vorarlberg für Verbot.
Schwarzach Die Debatte über das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat ist seit Jahren vergiftet. Es steht nämlich im Verdacht, krebserregend zu sein. Bis zum 15. Dezember ist es in der EU befristet zugelassen. Wie es weitergeht, ist unklar. In Vorarlberg sind die Grünen für ein Komplettverbot in der EU. Auch die ÖVP will Glyphosat-Freiheit. Dies müsse aber auch im Kaufregal gelten.
Keine inakzeptablen Gefahren
Derzeit läuft das entsprechende Verfahren auf EU-Ebene zur Wiedergenehmigung. Die Europäische Agentur für Lebensmittelsicherheit EFSA sieht keine inakzeptablen Gefahren bei der Verwendung von Glyphosat. Es gebe aber Datenlücken. Bis zum 15. Dezember muss jedenfalls eine Entscheidung über die (Nicht-)Verlängerung fallen.
Das Ressort von Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) äußerte sich auf VN-Anfrage nicht näher zu seiner Position. Das Gesundheitsministerium von Johannes Rauch (Grüne) sprach sich „angesichts der unvollständigen Bewertung der EFSA und zum Wohl der Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt“ gegen eine verlängerte Zulassung und für ein vollständiges Verbot in Österreich aus. Allerdings verweist die Sprecherin von Rauch auf die Zuständigkeit beim Landwirtschaftsministerium.
In Österreich beschloss der Nationalrat 2019 ein Teilverbot von Glyphosat. Im Wesentlichen ist das Herbizid auf Flächen, die von der Allgemeinheit oder von gefährdeten Personengruppen genutzt werden, verboten, etwa Sportplätzen und Parks. Auch in Kleingärten ist Glyphosat nicht mehr erlaubt. Anders sieht es in der Landwirtschaft aus. Das derzeit geltende Teilverbot entspreche dem, was der EU-rechtliche Rahmen vorgebe, heißt es aus dem Ministerium von Totschnig. Agrarlandesrat Christian Gantner (ÖVP) spricht sich prinzipiell für ein Glyphosat-Verbot aus: „Aber nicht nur auf Vorarlbergs Feldern, sondern auch in Vorarlbergs Kaufregalen. Es ist eine scheinheilige Diskussion, von unseren Bäuerinnen und Bauern immer höhere Auflagen zu fordern, aber im Kühlregal wieder zu Billigprodukten zu greifen, die irgendwo und irgendwie produziert wurden.“
Umweltlandesrat Daniel Zadra (Grüne) verweist darauf, dass die WHO den Unkrautvernichter als wahrscheinlich krebserregend für Menschen einstufte. Anfang September zeigte zudem eine Analyse von PAN Europe im Auftrag der europäischen Grünen, dass das Herbizid oder sein Abbauprodukt in Gewässerproben aus elf von zwölf untersuchten EU-Ländern nachgewiesen werden konnte, darunter in Österreich. „Das lässt nur den Schluss zu, dass es für den Menschen, aber auch für die Artenvielfalt eine erhebliche Gefahr darstellt“, sagt Zadra. Die Vorarlberger Grünen setzen sich daher für ein Totalverbot auf europäischer Ebene ein. Bleibe das außer Reichweite, solle Österreich als Pionier vorangehen und im eigenen Wirkungsbereich Schritte setzen.
„Schärfste Bestimmungen“
Gantner zufolge spielt der landwirtschaftliche Glyphosat-Einsatz in Vorarlberg keine Rolle. Das liege an der sehr grünlandbetonten Landwirtschaft. Zudem würden die bedeutendsten Milchverarbeiter die Anwendung ausschließen. Das Land habe „österreichweit die schärfsten gesetzlichen Bestimmungen“. Aus Vorarlberger Sicht sei er für ein Komplettverbot, sagt der ÖVP-Politiker. Aber eben auf dem Feld und im Kaufregal. VN-RAM
„Im Land gibt es österreichweit die schärfsten gesetzlichen Bestimmungen.“