Bischof Benno Elbs zu Abtreibungen: “Ein Spital ist nur ein Ort für das Leben”

Diözesanbischo Benno Elbs sieht Abtreibungen im Krankenhaus skeptisch. Er plädiert für neutrale Beratung in Schwangerschaftskonflikten.
Feldkirch Die neu aufgeflammte Abtreibungsdebatte berührt und beschäftigt auch Diözesanbischof Benno Elbs. Doch er hebt nicht moralisierend den Zeigefinger. Aus seiner Sicht bedeutet ein Ja zum Leben auch ein Ja zur Frau, die sich in einem Schwangerschaftskonflikt befindet. „Kirche und Gesellschaft müssen für sie da sein“, betonte er im VN-Interview.
Mit welchem Gefühl verfolgen Sie die aktuelle Debatte um Abtreibungsmöglichkeiten im Land?
Ich verfolge die Diskussion mit großer innerer Anteilnahme. Es geht um Frauen in einer Konfliktsituation und um das Lebensrecht eines ungeborenen Menschen. Die Kirche will aber nicht verurteilen oder strafen. Vielmehr gilt es, Leuten zu helfen, die in einer schwierigen Lebenssituation sind. Es gibt viele Bereiche, wo es das Ja zum Leben braucht. Ich denke an geflüchtete Menschen, an alte Menschen, an Menschen, die keinen Sinn mehr im Leben sehen, an Frauen in Schwangerschaftskonflikten, an ungeborene Kinder. Für sie muss die Kirche da sein.
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Geht es um Abtreibung taucht immer die Frage auf: Schon Mensch oder noch nicht Mensch. Wie sehen Sie das?
Theologisch und philosophisch kann man das nur ganz an den Anfang stellen. Leben beginnt bei der Einnistung und Verbindung von Samenzelle und Eizelle. Alle anderen Daten sind vom Prinzip her willkürlich. Man kann sagen, Leben beginnt mit dem Herzschlag, mit der Hirntätigkeit, mit der eigenen Lebensfähigkeit. Für besonders problematisch halte ich die Unterscheidung zwischen lebenswertem und lebensunwertem Leben. Wer hat das Recht, zu entscheiden, was lebenswert und nicht lebenswert ist: Aus meiner Sicht eigentlich niemand.
Muss man dieses Recht aber nicht wenigstens der Mutter bzw. den Eltern zugestehen, denn sie müssen letztlich mit der Behinderung eines Kindes umgehen…
Es gibt da mehrere Aspekte. Auf der einen Seite geht es um die Selbstbestimmung der Frau. Das ist ein Grundrecht. Dreht sich die Diskussion aber nur darum, ist sie meines Erachtens zu partiell. Es kommen nämlich mindestens noch zwei andere Aspekte dazu. Der eine Aspekt ist die Betroffenheit der Familie des Paares. Im Normalfall gibt es noch einen Vater, der sich aber leider oft davonmacht und die Frau damit in eine schwierige Lage bringt. Der dritte Aspekt, der in die Gewissensentscheidung hineingehört ist das Lebensrecht eines ungeborenen Menschen. Je nachdem konzentriert man sich auf einen Standpunkt und lässt die anderen beiden Aspekte außen vor. Eine Frau in einem Schwangerschaftskonflikt muss von Kirche und Gesellschaft unterstützt werden.
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Was braucht es aus Ihrer Sicht ganz besonders?
Eine ungewollte Situation bedeutet eine emotionale Belastung. Da braucht es einen Raum des Rückzugs, wo man die Gedanken und Gefühle sortieren kann. Deshalb halte ich Beratung durch eine neutrale professionelle Person für ganz bedeutend. Ja zum Leben heißt auch Ja zur Frau, die mit der Situation umgehen muss.
Sollte die Kirche in der Abtreibungsfrage mehr gehört werden?
Als Bischof mische ich mich nicht in Aufgaben der Politik ein, aber als Kirchenvertreter und Psychologe glaube ich, dass eine so entscheidende Frage eine fundierte ethische Auseinandersetzung und keine polemische Diskussion braucht. Die Kirche hat zwei Aufgaben: Immer dafür einzutreten und zu sagen, dass ein Embryo etwas sehr Kostbares und Wertvolles ist. Das vermisse ich manchmal in der Debatte. Das andere ist eine gute Beratung und Begleitung für die Frau, und zwar vor, während und nach der Entscheidung. Die Kirche muss und will die Frauen auf diesem Weg begleiten. Deshalb denke ich schon, dass die Kirche bzw. die Religion einen Platz hat als Anwältin für das ungeborene Leben und Menschen, die sich in einer schwierigen Situation befinden.
Gibt es diesbezüglich Vertrauen in die Kirche?
Die Hilfe, die die Kirche in verschiedensten Bereichen versucht anzubieten, wird angenommen. Es ist nicht entscheidend, dass das Pickerl „Kirche“ dranhängt, sondern, dass Menschen in der Grundhaltung „Ja zum Leben“ begleitet werden. Das Unterstützungsangebot im Land ist groß.
Werden Sie persönlich auch kontaktiert?
Ja, es gibt Anfragen, und ich durfte auch schon beratend dabei sein. Bei einem Schwangerschaftskonflikt halte ich es jedoch für besser, wenn eine Frau eine Frau berät.
Wie stehen Sie zum geplanten Standort der Abtreibungsklinik?
Abtreibung hat eine zutiefst ethische Dimension, und daher ist die Wahl des Ortes nicht banal, sondern von hoher Symbolkraft. Es steht mir als Bischof zwar grundsätzlich nicht zu, mich zu einem einen Ort für eine Abtreibung zu äußern, das ist Aufgabe der Politik. Ob ein Krankenhaus ein geeigneter Ort ist bezweifle ich allerdings.
Was kann die Sexualpädagogik als Prävention leisten?
Die Sexualpädagogik ist ein ganz wichtiger Punkt. Jährlich werden vom Ehe- und Familienzentrum und von schwanger.li rund 4000 Schulkinder über den Umgang mit Sexualität und die Gestaltung von Beziehungen aufgeklärt.
Wie steht die Kirche mittlerweile eigentlich zur Verhütung?
Diese Entscheidung hat das Paar zu treffen. Sexualität ist Kommunikation, ist eine Form des Umgangs miteinander. Deshalb ist auch die Art und Weise der Verhütung eine Frage des Umgangs miteinander. Papst Franziskus hat es einmal so formuliert: Die Kirche soll sich nicht in den Schlafzimmern, sondern in den Wohnzimmern der Menschen aufhalten.