Die Schäfchen sind bald im Trockenen, doch der Wolf …

Vorarlberg / 18.09.2023 • 16:31 Uhr / 6 Minuten Lesezeit
Alois Rinderer, Obmann des Schafzuchtverbandes Vorarlberg, sorgt sich wegen der Wölfe um die Zukunft der Schafzucht in Vorarlberg. <span class="copyright">Rinderer</span>
Alois Rinderer, Obmann des Schafzuchtverbandes Vorarlberg, sorgt sich wegen der Wölfe um die Zukunft der Schafzucht in Vorarlberg. Rinderer

Alois Rinderer, Obmann des Vorarlberger Schafzuchtverbandes, bilanziert außergewöhnliche Alpsaison.

Darum geht’s:

  • Schöne Alpsaison wurde durch Wolfsschäden getrübt
  • Hohe emotionale Betroffenheit und Fragen zu Entschädigungen
  • Hoffnung auf Wolfsverordnung zur Eindämmung des Problems

Sonntag Wie toll hätte diese Alpsaison für die Vorarlberger Schafzüchter sein können: saftige Weiden, ein tolles Nahrungsangebot, ideales Wetter. Wenn da nicht der Wolf sein Unwesen getrieben hätte. Ein Problem, das nicht so schnell verschwindet und Alois Rinderer (69) beim Interview mit vn.at tiefe Sorgenfalten ins Gesicht treibt.

Ganz allgemein: Wie war die heurige Alpsaison für die Schafe in Vorarlberg?

Es war ein sehr guter Sommer, in jeder Hinsicht. Das Wetter war ideal, das Futterangebot für die Tiere reichhaltig und von hervorragender Qualität. Zwei Mal hat es auf rund 2000 Meter geschneit. Aber das war für die Schafe überhaupt kein Problem. Der Schnee schmolz gleich wieder.

Die Schafe durften sich heuer auf den heimischen Alpen aufgrund der idealen äußeren Bedingungen wohlfühlen - vorausgesetzt sie bekamen keinen Wolfsbesuch. <span class="copyright">VN/Paulitsch</span>
Die Schafe durften sich heuer auf den heimischen Alpen aufgrund der idealen äußeren Bedingungen wohlfühlen - vorausgesetzt sie bekamen keinen Wolfsbesuch. VN/Paulitsch

Warum ist das Sömmern auf der Alpe auch für die Schafe wichtig?

Es ist wie beim Vieh. Wir brauchen das im Sommer gewonnene Heu für den Winter. Die Schafe finden ja auf den Alpen genug und sehr gutes Futter vor. Zudem können sich die Tiere dort frei bewegen. Das geht in diesem Ausmaß in den heimischen Ställen nicht.

Kommen wir zu dem alles beherrschenden Thema, dem Wolf. Wie bange war den Schafzüchter deswegen schon vor der Alpsaison?

Das Thema war natürlich schon vorher allgegenwärtig. Wir wussten ja, was alles in der benachbarten Schweiz und in den anderen Bundesländern passiert war. Wir wussten, dass wir nicht immer davonkommen können. Doch natürlich war die Hoffnung da, dass wir wieder verschont bleiben würden.

Auch das konnte Schafen auf den heimischen Alpen heuer passieren. Sie wurden Opfer eines Wolfsangriffs. <span class="copyright">Jägerschaft</span>
Auch das konnte Schafen auf den heimischen Alpen heuer passieren. Sie wurden Opfer eines Wolfsangriffs. Jägerschaft

Doch das passierte nicht. Der Wolf schlug bei uns zu, wie noch nie zuvor. Welche Stimmung nehmen sie derzeit bei den heimischen Schaftierhaltern wahr?

Sie liegt zwischen großer Verunsicherung und Wut. Da ist zum einen die große emotionale Betroffenheit vor allem bei jenen Schafzüchtern, die nur wenige Tiere auf der Alp hatten und deren Tiere ein Opfer des Wolfes wurden. Diese Schafzüchter haben eine enge Beziehung zu ihren Schafen. Wer zehn bis 20 Schafe hat, kennt eben jedes Einzelne. Es sind andererseits auch Fragen über Entschädigungen aufgetaucht. Da fehlen noch Nachweise über Wolfrisse, weil an den Kadavern auch Füchse als Nachnutzer dran waren und sich genetische Spuren des Wolfes schwerer belegen lassen. Obwohl Füchse bekanntlich ja keine Schafe reißen.

Wie viel an Entschädigung gibt es für gerissene Schafe?

Für ein Nutzschaf 200 Euro. Für ein Zuchtschaf zwischen 200 und 500 Euro.

Wie muss Ihrer Meinung nach mit dem Wolfsproblem umgegangen werden?

Die angekündigte Verordnung zur Entnahme von Problemwölfen muss auch bei uns so schnell wie möglich kommen. Der Bescheid wurde ja wie erwartet sofort beeinsprucht. In einigen anderen Bundesländern gibt es bereits Verordnungen. Ich hoffe nur, dass die dann auch halten. Von der EU kommen jetzt auch ermutigende Zeichen in Richtung eines anderen Wolfsmanagements als bisher. Nachdem nun klar ist, dass der Wolf nicht mehr vom Aussterben bedroht ist. Ich bin zuversichtlich, dass es im Landtag eine Mehrheit für eine Wolfsverordnung gibt.

Die Wölfe machten jahrelange einen Kreis um Vorarlberg. Das passierte heuer nicht.<span class="copyright"> dpa</span>
Die Wölfe machten jahrelange einen Kreis um Vorarlberg. Das passierte heuer nicht. dpa

Wie viel an Herdenschutzmaßnahmen gibt es in Vorarlberg bereits?

Auf kleineren Alpflächen gib es einige. Aber auf großen Alpen ist das unmöglich. Auch das mit der Behirtung und den Herdenschutzhunden hört sich in der Theorie gut an, ist praktisch aber nicht möglich. Abgesehen davon wissen wir von der Schweiz, dass dort die Herdenschutzmaßnahmen zu 90 Prozent nicht mehr funktionieren. Weil der Wolf so schlau ist, diese auszutricksen. Was soll das also, viel Geld ausgeben für etwas, was ohnehin nicht funktioniert.

Herdenschutzhunde gibt es bei Vorarlberger Schafzüchtern laut Auskunft von Schafzuchtverbandsobmann Alois Rinderer keine. <span class="copyright">VN/Rhomberg</span>
Herdenschutzhunde gibt es bei Vorarlberger Schafzüchtern laut Auskunft von Schafzuchtverbandsobmann Alois Rinderer keine. VN/Rhomberg

Wie groß ist die Gefahr, dass Schafzüchter ihre Tiere aus wolfsgefährdeten Regionen abziehen?

Diese Gefahr ist groß. Oswin Kieber aus Schruns etwa hat seine Tiere nach Wolfsrissen vom Gauertal bereits geholt und auf die Alpe Allmein bei Bartholomäberg gebracht. Das könnten andere Schafhalter auch tun. Die Folge davon wäre schlimm. Ganze Alpflächen, die nicht mehr bewirtschaftet werden und sich in Risikozonen verwandeln. Ich denke da zum Beispiel an steigende Lawinengefahr.

Wie sehen Sie die Zukunft der heimischen Schafhaltung?

Ich kann nur hoffen, dass die Wolfsverordnung kommt, konsequent umgesetzt wird und wir das Problem damit halbwegs unter Kontrolle bekommen.

Die Schäfchen sind bald im Trockenen, doch der Wolf ...

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