Durch einen Unfall im Rollstuhl gelandet und nie mit dem Schicksal gehadert

Hubert Kilga gründete den Rollstuhlclub Enjo Vorarlberg und machte den Rollstuhlsport in Vorarlberg groß. Er war 27 Jahre jung, als ihn ein Verkehrsunfall in den Rollstuhl brachte.
Mäder Das Jahr 1980 war für die Familie Kilga aus Sulz ein absolutes Unglücksjahr. Im Jänner starb Huberts Vater an Krebs. Er wurde nur 48 Jahre alt. Im August verunglückte Huberts Bruder Kurt mit dem Motorrad tödlich. Im Dezember war Hubert selbst in einen Verkehrsunfall verwickelt, der ihn beinahe das Leben gekostet hätte. „Zwei junge Männer veranstalteten ein Autorennen. Ich war im Weg“, erzählt Hubert Kilga (heute 70) ohne große Regung. Drei Monate wurde der lebensgefährlich verletzte Mann in künstlichen Tiefschlaf versetzt. Als er aus dem Koma erwachte, spürte er seine Beine nicht mehr. Die Ärzte teilten ihm mit, dass er eine komplette Querschnittslähmung hätte. „Es war eine große Umstellung für mich, aber in der Reha in Bad Häring lernte ich mit dem Rollstuhl umzugehen und mich im Alltag allein zurechtzufinden.“
Der Zöllner hätte mit seinem Schicksal hadern und in eine Depression fallen können. Aber dem war nicht so. Denn schon damals hatte er die Einstellung, dass man nicht aufgeben darf und nach vorne schauen muss. Der Unfall bzw. die Behinderung gab seinem Leben eine neue Richtung. Beruflich sattelte er um. „Ich konnte beim Finanzamt Feldkirch eine Abteilung übernehmen. Bis zu meiner Pensionierung leitete ich die Kraftfahrzeug- und die Normverbrauchsabgabestelle.“

Gleich nach dem Reha-Aufenthalt trat der junge Mann dem Rollstuhlclub Vorarlberg bei. Ihm gefielen das Basketballtraining und das Zusammensein mit anderen Rollstuhlfahrern. „Wir waren eine tolle Clique.“ Von Beginn an engagierte sich Hubert für den Verein. „Ich habe mitgeholfen, Veranstaltungen zu organisieren wie etwa das internationale Rollstuhlbasketballturnier in Altach, das heuer übrigens am 21. und 22. Oktober in Altach stattfindet.“
Dem damaligen Vereinsobmann Reinhold Wesely fielen die Managementfähigkeiten von Hubert auf. „Er bat mich, den Verein zu übernehmen. Der wusste, dass ich das kann.“ Als Hubert 1989 an die Spitze der Organisation kam, war es ihm ein Anliegen, sie bekannt zu machen und den Rollstuhlsport im Bewusstsein der Bevölkerung zu verankern. Beides gelang ihm unter anderem mit zum Teil aufsehenerregenden Veranstaltungen, die er mit Helfern und Sponsoren und mit viel Enthusiasmus auf die Beine stellte.

Um Verständnis für Rollstuhlfahrer zu wecken, initiierte er 1993 zum Beispiel den Rollstuhlparallelslalom, bei dem Menschen ohne Behinderung im Rollstuhl gegeneinander antreten. „Heuer fand der 27. Slalom statt. Inzwischen sind bis zu 30 Teams dabei“, freut sich Hubert, dass diese Veranstaltung so viel Anklang findet. Unter seiner Ägide nahm der Rollstuhlclub Enjo Vorarlberg mit dem Race Across America und Race Across Australia zwei ehrgeizige Abenteuer in Angriff. Dabei durchquerten einige Rollstuhlsportler des Vereins Amerika und Australien mit dem Handbike. Noch nie hatten Athleten dies vorher versucht. „Beim Rennen in Amerika war ich selbst mit dabei. Wir sind Tag und Nacht geradelt“, erinnert sich Hubert mit einem Lächeln an diese große sportliche Herausforderung. Legendär sind auch die Handbike-Touren nach Loipersdorf zur Therme und die Rollstuhl-Tennisturniere in Dornbirn, bei denen zuletzt 30 Nationen mitmachten.
„Dank der gewinnbringenden Veranstaltungen konnten wir unsere Sportler unterstützen.“ Hubert gelang das Kunststück, den Verein zu einem lukrativen Unternehmen zu machen und den Rollstuhlsport in Vorarlberg zu fördern. Darauf ist der 70-Jährige stolz, der im Jahr 2017 nach 28 Jahren Herzblut für „seinen“ Rollstuhlclub und unzähligen Höhepunkten in die zweite Reihe zurücktrat.

Der Verein war und ist aber nur eine Säule seines Glücks. Eine andere ist seine Familie. Im Jahr 2001 fand Hubert mit Doris und ihren zwei Kindern sein Glück. „Doris war Witwe. Sie verlor ihren Mann, der schwer gehandicapt war, durch eine Lungenentzündung. Ich lernte sie kennen, als ich für ihre Familie eine Benefizveranstaltung organisierte.“ Doris brachte immer viel Verständnis für sein Vereinsengagement auf. Heute aber, mit 70, bäckt der Ehrenobmann kleinere Brötchen, erfreut sich an seinen zwei Enkeln und macht auf Anfrage Menschen Mut, die mit der Diagnose Querschnittslähmung konfrontiert sind.
Hubert Kilga
geboren 4. September 1953 in Hohenems
Wohnort Mäder
Familie verheiratet mit Doris, Kinder: Simone, Fabienne, Vanessa; Enkel: Alia und Felix
Hobbys Radfahren mit dem Handbike, Wandern mit dem Swiss-Trac
Lebensmotto Nicht aufgeben und nach vorne schauen