Tausende Wohnungen stehen leer

Bei fast 30.000 Wohnungen liegt keine Wohnsitzmeldung vor: „Aktivierbar“ wären 2000 bis 4000.
SCHWARZACH. Dass sich Wohnungssuchende oft schwertun, eine Unterkunft zu finden, ist einerseits durch das hohe Preisniveau erklärbar. Andererseits wirkt es doch überraschend: In den vergangenen 40 Jahren hat sich die Zahl der Wohnungen im Land verdoppelt und ist damit deutlich stärker gestiegen als die Bevölkerung. Im Übrigen gibt es für viele Wohnungen keine Wohnsitzmeldung. Sie scheinen damit leer zu stehen. Dafür, dass es trotzdem alles andere als einfach sein kann, zu einer zu kommen, gibt es jedoch Gründe.

Statistik Austria veröffentliche gerade die Ergebnisse der „Gebäude- und Wohnsitzzählung 2021“: In Vorarlberg gab es 207.716 Wohnungen, davon 63.520 in Einfamilienhäusern. Das zeigt nebenbei, dass das eigene Haus auf eigenem Grund längst nicht mehr die Regel ist. Die Zahl der Wohnungen ist seit der Zählung im Jahr 1981 um ganze 105 Prozent gestiegen. Sie hat sich damit mehr als verdoppelt. Die Bevölkerung hat hingegen nur um gut ein Drittel zugenommen. Von daher müsste sich die Wohnungslage entspannt haben.
Haushalte werden kleiner
Allein: Wie Wolfgang Amman vom Institut für Immobilien, Bauen und Wohnen bestätigt, gibt es Entwicklungen, die das relativieren. Allen voran: Die Haushalte werden kleiner. Lebten ursprünglich durchschnittlich knapp drei Personen in einer Wohnung, geht es mittlerweile Richtung zwei. So ist der Anteil der Ein-Personen-Haushalte seit 1981 von gut einem Fünftel auf mehr als ein Drittel gestiegen. Häufig handelt es sich um alleinlebende Witwen oder Witwer.

Dazu kommt, dass es einen stark steigenden Wohnungsbedarf für Frauen und Männer gibt, die nach Vorarlberg kommen, um hier zu studieren oder zu arbeiten, sei es im Tourismus oder in der Pflege, und die hier nur vorübergehend einen Nebenwohnsitz begründen. Sie scheinen in der herkömmlichen Bevölkerungsstatistik nicht auf.
Abgesehen davon fällt auf, dass für 13,9 Prozent der Wohnungen im Land keine Wohnsitzmeldung vorliegt. Das sind ganze 28.879, in denen theoretisch jemand ein Zuhause finden könnte; das entspricht ungefähr der Bevölkerung von Bregenz. „Relevant ist jedoch der aktivierbare Leerstand“, betont Amann: „Diesbezüglich kommen wir auf ein bis zwei Prozent des Bestandes.“ Das wären immerhin 2000 bis 4000.
Nicht immer unbewohnt
Fast 30.000 vermeintlich leer stehende Wohnungen sind laut Amann so erklärbar: „Vererbungen nehmen stark zu. Und nachdem viele Erben finanziell gut gestellt sind, tun sie sich den Stress mit der Vermietung nicht an.“ Außerdem: Es gebe „leerfallende“ Häuser und Wohnungen, die nicht mehr benützbar sind oder aufgrund der Lage („im hintersten Tal“) aus dem Markt fallen. Vor allem aber verweist der Experte auf Ferien- und Mitarbeiterwohnungen in Tourismusgemeinden. Dort kann der Anteil der Wohnungen ohne Meldung schon einmal 40, 50 Prozent ausmachen. Wirklich unbewohnt sind die meisten davon aber nur außerhalb der Saison. Im Hochwinter etwa sind sie belegt.

„In Bezug auf den aktivierbaren Leerstand macht Vorarlberg eh schon viel“, betont Amann und verweist auf die Initiative „Sicher vermieten“. Außerdem hat der Rechtsausschuss des Landtags gerade grünes Licht für eine Abgabe auf Leerstand gegeben. Darüber hinaus sieht Amann noch einen Hebel: Eigentümer, die eine Wohnung privat vermieten, sollten bei Eigenbedarf eine Kündigung vornehmen dürfen. Die derzeitige Beschränkung sei dazu angetan, von einer Vermietung abzuhalten und eine Wohnung lieber leer stehen zu lassen.