Ein Sauerstoffgerät ist sein ständiger Begleiter

Rainer Maier (60) leidet an der unheilbaren Lungenkrankheit COPD. Ihm muss ständig über ein Gerät Sauerstoff zugeführt werden.
St. Gallenkirch Rainer Maier (60) ist dankbar. „Ich habe zweimal eine zweite Chance bekommen.“ Vor sechs Jahren wurde ihm die Diagnose Blasenkrebs vor den Latz geknallt. Der bösartige Tumor wurde glücklicherweise früh entdeckt. Er hatte noch nicht gestreut. Die nächste Hiobsbotschaft erreichte den Tischlermeister kurz vor der Coronavirus-Pandemie. „Mir ging sprichwörtlich die Luft aus. Auf dem kurzen Weg zur Werkstatt musste ich stehenbleiben, so groß war meine Atemnot.“ Ärzte stellten fest, dass er an der unheilbaren Lungenkrankheit COPD leidet und seine Lungenfunktion nur mehr 45 Prozent des Sollwerts betrug. Rainer hörte sofort zu rauchen auf. „Aufgrund des Rauchstopps verbesserte sich mein Lungenvolumen auf 55 Prozent.“

Aber seine Krankheit schritt voran. „Innerhalb von wenigen Monaten ging es mit mir schleichend abwärts. Ich bekam immer weniger Luft. Beim Skifahren musste ich nach jedem zweiten Schwung stehenbleiben, so sehr war ich außer Atem.“ Es kam so weit, „dass ich bereits nach ein paar Schritten völlig fertig war“. Auch die Untersuchungsergebnisse waren alarmierend. „Ich hatte nur mehr ein Lungenvolumen von 16 Prozent.“

Jetzt musste ihm Sauerstoff zugeführt werden. Rainer dazu: „Wenn das Herz oder das Gehirn mit Sauerstoff unterversorgt ist, hat das fatale Folgen.“ Ein tragbares, mehrere Kilos schweres Sauerstoffgerät ist nun sein ständiger Begleiter. Er trägt es wie einen Rucksack. Von einem Gerät abhängig zu sein, machte dem gebürtigen Deutschen anfangs zu schaffen. „Es beängstigte mich. Aber mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt.“ In der Nacht sorgt ein stationärer Sauerstoffkonzentrator dafür, dass Rainer mit ausreichend Sauerstoff versorgt wird. „Wenn ich zwei Minuten nicht atme, schlägt er Alarm.“

Rainer hat sich mit dem Ist-Zustand nicht zufriedengegeben, sondern immer auf Ziele hingearbeitet. „Ich wollte wieder Skifahren gehen können und mir und den Ärzten beweisen, dass das möglich ist.“ Um dieses Ziel zu erreichen, begann der leidenschaftliche Skifahrer mit Ausdauertraining. „Ich gehe jeden Morgen vier Kilometer spazieren. Ich habe bemerkt, dass ich mehr Luft bekomme, wenn ich das mache. Die Lunge muss gefordert werden. Wenn ich nichts tue, ist sie beleidigt.“ Durch die Gabe von Sauerstoff und das Ausdauertraining verbesserte sich sein Lungenvolumen auf 45 Prozent.

Im vergangenen Winter war Rainer dann tatsächlich wieder auf der Piste. Sein Skifahrerherz schlug Purzelbäume. Für den nächsten Sommer hat sich der 60-jährige Wahlmontafoner ein weiteres Ziel gesetzt. „Ich möchte wieder klettern gehen können. Irgendwann werde ich das hinkriegen.“ Aber Rainer weiß, dass sein Ziel hoch gesteckt ist. Denn er ist nicht mehr der Alte. Das merkt der Tischler auch bei der Arbeit. „Bei Stress stellt es mir die Luft ab.“ Seine Belastbarkeit ist begrenzt. „Ich bin auch viel langsamer. Früher schreinerte ich an einem Tag einen Tisch, heute brauche ich dafür eine Woche.“ Die Arbeit, die er immer so geliebt hat, ist für ihn zur Quälerei geworden, sodass er überlegt früher in Pension zu gehen. „Aber die Mindestrente reicht zum Leben kaum aus.“

Seit er krank ist, sieht er das Leben mit anderen Augen. „Früher lebte ich auf der Überholspur. Ich machte drei bis vier Sachen gleichzeitig. Inzwischen habe ich erkannt, dass das Leben nicht bloß zum Arbeiten und Geldverdienen da ist. Man sollte es auch genießen. Um das zu verstehen, musste ich zweimal schwer krank werden.“ Rainer kann heute ohne schlechtes Gewissen auf der Bank vor dem Haus sitzen und nichts tun. „Ich beobachte die Natur und die schönen Sonnenuntergänge.“ Manchmal sitzt seine Lebensgefährtin neben ihm und genießt mit ihm die ruhigen Momente. „Ohne Petra hätte ich wahrscheinlich resigniert. Sie hat mir immer Mut zugesprochen.“
