Monika Helfer

Kommentar

Monika Helfer

Fünf Wege, eine Familie zu gründen (2)

Vorarlberg / 26.09.2023 • 18:44 Uhr / 4 Minuten Lesezeit

So allein zu sein ist ein Elend, dachte sich Irene, ich muss mir einen Mann suchen. Sie war nicht mehr jung, was ihr alt vorkam, schließlich wünschte sie sich Kinder, also höchste Zeit. Dass einer käme und sie wollte. Bisher war das nicht geschehen. Sie fand sich gewöhnlich, hatte es bereits auf Anraten einer Freundin übers Internet versucht, das war nur traurig gewesen, alles Schein. Sie hatte einen Mann im Visier, der ihr gepasst hätte, ein wenig älter als sie. Er führte ein Geschäft in der Innenstadt. Design. Sie kaufte bei ihm Bettwäsche ein.

Jedes Mal hatte sie sich hergerichtet, bevor sie den Laden betrat. Einmal, als sie sich schlagfertig fühlte, war nur die Angestellte da, und sie fragte nach dem Besitzer.

„Meinen Sie den Geschäftsführer?“, fragte die Frau.

Also war er der Geschäftsführer. Er wurde gerufen. Er beriet sie in allen Belangen. Er sagte: „Sie sind eine Stammkundschaft, das freut uns.“

Irene war aufgeregt und kippte beim Hinausgehen auf den Stufen um. Der Mann fing sie auf und brachte sie in die Notaufnahme. Der Knöchel war angebrochen. Sie wurde verarztet. Er wartete auf sie, und während er wartete, überlegte er sich, ob es mehr als nur Interesse sein könnte. Er wünschte es sich.

Sie humpelte auf ihn zu, dabei war ihr Gesicht voller Erwartung. Wie sollten sie es angehen. Er wollte es nicht übertreiben. Sie wollte es nicht übertreiben. Sie lud ihn zum Essen ein, er kam, es schmeckte ihm, und sie umarmten sich. Sie wusste nichts von ihm, und er wusste nichts von ihr. Das konnte ein guter Anfang sein.

Einmal schon war er an eine Frau gebunden gewesen, an eine Mexikanerin, sie hatte ein Mädchen geboren, wollte aber nicht bei ihm bleiben. Sie hatte Heimweh nach ihrer Lebensart. Das Kind blieb bei seiner Mutter und selten sah er es.

Irene gefiel der Gedanke, gleich ein Kind zu haben, so würden sie gleich eine Familie sein. Noch bevor alles angefangen hatte. Es war, als ginge man in einen unbekannten wuchernden Garten, der gut roch. Sie holten das Mädchen aus dem Sandkasten. Seine Mutter war froh darüber. denn sie war bereits alt, und das Kind war ihr eine Last. „Das Kind kann lästig sein“, sagte sie, „es braucht eine starke Hand.“ Das hieß in die Wahrheit übersetzt: Ich kann es nicht leiden.

Sie warfen das Kind in die Luft und fingen es wieder auf.

„Sie warfen das Kind in die Luft und fingen es wieder auf.“

Monika Helfer

monika.helfer@vn.at

Monika Helfer ist Schriftstellerin und lebt in Hohenems.