Tonnenweise Lebensmittel vor dem Müll bewahrt

Essensretter setzen Zeichen gegen Wegwerfmentalität.
Dornbirn Wenn Ingrid Benedikt über die Initiative „Offener Kühlschrank“ spricht, dann geht es um ein Herzensprojekt. Die Dornbirnerin und ihre Mitstreiter setzen nicht nur ein Zeichen gegen eine verschwenderische Konsumgesellschaft und sorgen mit Workshops für eine bessere Wertschätzung von Lebensmitteln. Mit dem Umweltprojekt konnte zudem bereits eine beachtliche Menge Essen vor der Tonne gerettet werden.
„Insgesamt konnten wir in fünf Jahren 45.000 Kilo Lebensmittel retten“, zieht Benedikt Bilanz. Würde die Ware in Lebensmittelkisten verpackt und aufgeschichtet, so würde der Turm von der Karrentalstation bis zum Staufen reichen, veranschaulicht die Initiatorin die Leistung. „Jede Aktion, die dazu führt, dass Lebensmittel nicht weggeschmissen werden müssen, ist gut“, sagt die Dornbirnerin. Sie hofft, dass das Bewusstsein für den Wert von Lebensmitteln weiter steigt.
Achtloser Umgang
Um das Problem ins Bewusstsein zu rufen, wurde von den Vereinten Nationen der Internationale Tag gegen Lebensmittelverschwendung am 29. September ins Leben gerufen. Umweltschützer machen dabei aktuell auf den achtlosen Umgang mit Ressourcen aufmerksam. Jährlich werden demnach noch immer über ein Drittel der Lebensmittel weggeworfen. In Österreich fallen etwa eine Million Tonnen Lebensmittelabfälle an – so die Schätzungen von Vertretern von Umweltorganisationen. Studien sind zwar Mangelware. Eine Erhebung des Instituts für Abfallwirtschaft der Universität für Bodenkultur in Wien und der Umweltorganisation WWF Österreich ergab aber, dass allein in privaten Haushalten jährlich im Schnitt etwa 130 Kilo genießbares Essen im Wert von 250 bis 800 Euro in der Tonne landet.
Um Lebensmittelverschwendung entgegenzuwirken, sind in den vergangenen Jahren zahlreiche Initiativen ins Leben gerufen worden. In Vorarlberg etwa „Tischlein deck dich“ oder eben das Projekt „Offener Kühlschrank“ mit 13 Standorten im ganzen Land. Abgegeben bzw. abgeholt können frische und genießbare Lebensmittel werden, die auch abgelaufen sein dürfen, wenn sie trotzdem noch für den Verzehr geeignet sind. Weiters Eingekochtes oder Ernteüberschüsse.
Das Team rund um Ingrid Benedikt veranstaltet zudem Workshops sowie Restekochkurse und betreibt auch in Schulen Bewusstseinsbildung für den Wert von Lebensmitteln. „Es tut sich was. Auch die Teuerungswelle hat natürlich zu bewussterem Umgang mit Lebensmitteln geführt“, erzählt die Chefin des Vorarlberger Umweltprojekts.
Digital vernetzt
Neben niederschwelligen Angeboten wie dem „Offenen Kühlschrank“ tut sich auch in der digitalen Welt einiges. So setzt das dänische Unternehmen „Too Good To Go“ mit der gleichnamigen App am Ende der Wertschöpfungskette an. Dabei werden Nutzerinnen und Nutzer mit Betrieben wie Restaurants, Cafés oder Supermärkten verbunden, um überschüssige Lebensmittel vor der Tonne zu retten. Seit Juni 2020 ist die App in Vorarlberg verfügbar. Mittlerweile haben sich nach Angaben der Betreiber 270 Betriebe im Land angeschlossen. Diese geben einwandfreie, aber nicht verkaufte Lebensmittel in ein Säckchen. Zwischen 1. September 2022 und 31. August 2023 konnten 185.000 solcher Säckchen verkauft werden, wie es in einer Aussendung heißt. Mit über 1,8 Millionen registrierten Nutzern und mehr als 7400 Partnern konnten österreichweit bereits mehr als neun Millionen Säckchen von Bäckereien, Supermärkten und Gastronomiebetrieben gerettet werden.
Nichts übrig für Lebensmittel in der Tonne hat auch die Umweltschutzorganisation WWF. Die Vertreter fordern anlässlich des Internationalen Tags gegen Lebensmittelverschwendung eine Ausweitung der Berichtspflicht für Unternehmen im Lebensmittelsektor und das Ende des „Schönheitswahns“. Etwa 15 Prozent der weltweit produzierten Lebensmittel würden bereits in der Landwirtschaft verloren gehen. VN-MEF
