Warum Günther Allgäuer ein Schleifer mit Herz ist

Der 54-jährige Nofler schleift Messer und Scheren. Als Menschenversteher führt er die feine Klinge.
Darum geht’s:
- Günther Allgäuer ist ein Scheren- und Messerschleifer mit eigener Werkstatt.
- Er ist einer der wenigen Handwerker in dieser Branche in Vorarlberg.
- Neben dem Schleifen von Gegenständen nehmen Kunden auch gerne seine Zuhörqualitäten in Anspruch.
Feldkirch Ältere Vorarlberger mögen sich noch erinnern. An herumziehende Männer, die an der Haustür klingelten und ihre Dienste als Scheren- und Messerschleifer anboten. Ein Scheren- und Messerschleifer ist Günther Allgäuer auch. Freilich zieht er nicht mit einem Bündel am Rücken um die Häuser. “Ich hab’ schon meine eigene Werkstatt. Und treue Kunden”, lächelt der Feldkircher.
Was er mit den legendären Figuren von früher gemeinsam hat: Die Tätigkeit des Messer-und Scherenschleifers ist auch heute ein ausgefallenes Handwerk. “Es gibt im Land drei, vier Firmen, die das machen. Als Einzel-Handwerker bin ich in dieser Branche wohl exklusiv unterwegs.”

Seit 2016 in der Branche
Der zweifache Familienvater kann auf eine abwechslungsreiche Berufskarriere zurückblicken. Gelernt hatte er ursprünglich den Beruf des Textilmechanikers bei F.M. Hämmerle. Dann verschlug es ihn als Maschinenmonteur zum Liechtensteiner Lebensmittel- und Tiernahrungserzeuger Ospelt. 1999 absolvierte er die Meisterprüfung zum Schlosser. Es folgen 13 Jahre als Ein-Mann-Betrieb in diesem Metier, ehe er sich 2016 auf das Schleifen von Messern und Scheren konzentrierte. “Ein Bregenzerwälder Arbeitskollege bei Ospelt hatte mich in die Geheimnisse des Schleifens eingeweiht. Und ich wollte damals einfach etwas anderes tun.”

“Bin wie ein Friseur”
Bereut hat Allgäuer diesen Schritt nie. Seine Kunden sind unterschiedlich. Da gibt es die Feldkircher Kindergärten und Schulen, für die er Bastelscheren und anderes schleift, für mehrere Restaurants macht er die Messer ebenso scharf wie für die zahlreichen Einzelkunden, die ihre stumpfen Objekte zu ihm bringen. Zu seinen Kunden zählen auch Schweizer und Liechtensteiner. “Viele, die nach Vorarlberg kommen, müssen ja an meinem Haus vorbei. Dann sehen sie das Firmenschild und nehmen meine Dienste in Anspruch.”

Bei Günter Allgäuer suchen Kunden oft nicht nur den Schleifer von Gegenständen, sondern noch mehr den Zuhörer von Lebens- und Schicksalsgeschichten. “Da kommen manche mit nur einem Messer vorbei. Das scheint wie ein Vorwand. Weil sie wollen mit mir reden. Ich bin wie ein Friseur”, schmunzelt der Handwerker. Sofortiger Nachsatz: “Ich rede gerne mit Leuten und nehme mir für Kommunikation auch Zeit.”
Botschafter für Nachhaltigkeit
Zeit nahm sich Günter Allgäuer auch für eine Beschäftigung mit der Geschichte seines Berufes. “Bereits im 15. Jahrhundert sind Scherenschleifer bezeugt. Nach dem Ersten Weltkrieg gab es besonders in Tirol und Südtirol einige. Und natürlich kamen dann auch die herumziehenden Handwerker, die ihre Schleifdienste anboten, dazu.”

Er selbst bietet seine Dienste zu flexiblen Zeiten an. “Das heißt für mich: Ich kann mir mit meiner Frau auch gelegentlich eine Auszeit nehmen. Für einige Stunden Radfahren gehen oder im Winter Skifahren.”

In seinem Beruf sieht sich Allgäuer auch als eine Art Botschafter für Nachhaltigkeit. “Ich bin ja für das Gegenteil dessen da, Dinge, in meinem Fall Messer und Scheren, einfach wegzuschmeißen, wenn sie nicht mehr so funktionieren wie am Anfang. Man kann vieles wieder richten. “
Zur Person
Günter Allgäuer
Geboren: 20. April 1969
Beruf: Messer- und Scherenschleifer
Wohnhaft: Feldkirch
Familie: verheiratet, zwei Kinder
Hobbys: Skifahren, Kochen
Lieblingsspeise: Schweinsbraten