Warum Günther Allgäuer ein Schleifer mit Herz ist

Vorarlberg / 03.10.2023 • 15:45 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Günther Allgäuer übt ein fast ausgestorbenes Handwerk aus: Er ist Messer - und Scherenschleifer. Und das gerne.
Günther Allgäuer übt ein fast ausgestorbenes Handwerk aus: Er ist Messer - und Scherenschleifer. Und das gerne.

Der 54-jährige Nofler schleift Messer und Scheren. Als Menschenversteher führt er die feine Klinge.

Darum geht’s:

  • Günther Allgäuer ist ein Scheren- und Messerschleifer mit eigener Werkstatt.
  • Er ist einer der wenigen Handwerker in dieser Branche in Vorarlberg.
  • Neben dem Schleifen von Gegenständen nehmen Kunden auch gerne seine Zuhörqualitäten in Anspruch.

Feldkirch Ältere Vorarlberger mögen sich noch erinnern. An herumziehende Männer, die an der Haustür klingelten und ihre Dienste als Scheren- und Messerschleifer anboten. Ein Scheren- und Messerschleifer ist Günther Allgäuer auch. Freilich zieht er nicht mit einem Bündel am Rücken um die Häuser. “Ich hab’ schon meine eigene Werkstatt. Und treue Kunden”, lächelt der Feldkircher.

Was er mit den legendären Figuren von früher gemeinsam hat: Die Tätigkeit des Messer-und Scherenschleifers ist auch heute ein ausgefallenes Handwerk. “Es gibt im Land drei, vier Firmen, die das machen. Als Einzel-Handwerker bin ich in dieser Branche wohl exklusiv unterwegs.”

Dieses spezielle Schild kann niemand übersehen. Günther Allgäuer hilft es, Kundschaften aus der Schweiz und Liechtenstein in seine Werkstatt zu lotsen.
Dieses spezielle Schild kann niemand übersehen. Günther Allgäuer hilft es, Kundschaften aus der Schweiz und Liechtenstein in seine Werkstatt zu lotsen.

Seit 2016 in der Branche

Der zweifache Familienvater kann auf eine abwechslungsreiche Berufskarriere zurückblicken. Gelernt hatte er ursprünglich den Beruf des Textilmechanikers bei F.M. Hämmerle. Dann verschlug es ihn als Maschinenmonteur zum Liechtensteiner Lebensmittel- und Tiernahrungserzeuger Ospelt. 1999 absolvierte er die Meisterprüfung zum Schlosser. Es folgen 13 Jahre als Ein-Mann-Betrieb in diesem Metier, ehe er sich 2016 auf das Schleifen von Messern und Scheren konzentrierte. “Ein Bregenzerwälder Arbeitskollege bei Ospelt hatte mich in die Geheimnisse des Schleifens eingeweiht. Und ich wollte damals einfach etwas anderes tun.”

Mit Frau Anette gönnt sich der Nofler gerne auch mal eine spontane Radtour. Sein Beruf gibt ihm eine gewisse Flexibilität.
Mit Frau Anette gönnt sich der Nofler gerne auch mal eine spontane Radtour. Sein Beruf gibt ihm eine gewisse Flexibilität.

“Bin wie ein Friseur”

Bereut hat Allgäuer diesen Schritt nie. Seine Kunden sind unterschiedlich. Da gibt es die Feldkircher Kindergärten und Schulen, für die er Bastelscheren und anderes schleift, für mehrere Restaurants macht er die Messer ebenso scharf wie für die zahlreichen Einzelkunden, die ihre stumpfen Objekte zu ihm bringen. Zu seinen Kunden zählen auch Schweizer und Liechtensteiner. “Viele, die nach Vorarlberg kommen, müssen ja an meinem Haus vorbei. Dann sehen sie das Firmenschild und nehmen meine Dienste in Anspruch.”

Stolzer Familienvater: Günther Allgäuer mit seiner Frau und den beiden Kindern.  <span class="copyright">Allgäuer</span>
Stolzer Familienvater: Günther Allgäuer mit seiner Frau und den beiden Kindern. Allgäuer

Bei Günter Allgäuer suchen Kunden oft nicht nur den Schleifer von Gegenständen, sondern noch mehr den Zuhörer von Lebens- und Schicksalsgeschichten. “Da kommen manche mit nur einem Messer vorbei. Das scheint wie ein Vorwand. Weil sie wollen mit mir reden. Ich bin wie ein Friseur”, schmunzelt der Handwerker. Sofortiger Nachsatz: “Ich rede gerne mit Leuten und nehme mir für Kommunikation auch Zeit.”

Botschafter für Nachhaltigkeit

Zeit nahm sich Günter Allgäuer auch für eine Beschäftigung mit der Geschichte seines Berufes. “Bereits im 15. Jahrhundert sind Scherenschleifer bezeugt. Nach dem Ersten Weltkrieg gab es besonders in Tirol und Südtirol einige. Und natürlich kamen dann auch die herumziehenden Handwerker, die ihre Schleifdienste anboten, dazu.”

Privat darf's für Günther Allgäuer auch einmal eine  Bergtour mit der Gattin sein.
Privat darf's für Günther Allgäuer auch einmal eine Bergtour mit der Gattin sein.

Er selbst bietet seine Dienste zu flexiblen Zeiten an. “Das heißt für mich: Ich kann mir mit meiner Frau auch gelegentlich eine Auszeit nehmen. Für einige Stunden Radfahren gehen oder im Winter Skifahren.”

Günther Allgäuer ist froh, dass er als gelernter Schlosser seinen jetzigen Beruf ergriffen hat.
Günther Allgäuer ist froh, dass er als gelernter Schlosser seinen jetzigen Beruf ergriffen hat.

In seinem Beruf sieht sich Allgäuer auch als eine Art Botschafter für Nachhaltigkeit. “Ich bin ja für das Gegenteil dessen da, Dinge, in meinem Fall Messer und Scheren, einfach wegzuschmeißen, wenn sie nicht mehr so funktionieren wie am Anfang. Man kann vieles wieder richten. “

Zur Person

Günter Allgäuer

Geboren: 20. April 1969

Beruf: Messer- und Scherenschleifer

Wohnhaft: Feldkirch

Familie: verheiratet, zwei Kinder

Hobbys: Skifahren, Kochen

Lieblingsspeise: Schweinsbraten