Deshalb herrscht im Lustenauer “Lamm” große Freude

Vorarlberg / 19.10.2023 • 16:59 Uhr / 3 Minuten Lesezeit
Wirtin Sabine Anderle mit einigen ihrer Stammgäste. Das "Lamm" in Lustenau hat nicht nur eine spannende Vergangenheit, sondern jetzt auch eine Zukunft. <span class="copyright">VN/Paulitsch</span>
Wirtin Sabine Anderle mit einigen ihrer Stammgäste. Das "Lamm" in Lustenau hat nicht nur eine spannende Vergangenheit, sondern jetzt auch eine Zukunft. VN/Paulitsch

Uraltes Kultgasthaus stand vor dem Aus. Gemeinde kaufte das Gebäude. Jetzt hat die Vergangenheit auch Zukunft.

Darum geht’s:

  • Die Gemeinde hat das “Lamm” in Lustenau gekauft und investiert in die Renovierung.
  • Die Wirtin Sabine Anderle ist glücklich über den Erhalt des Hauses.
  • Das historische Gasthaus ist ein Relikt der alten Lustenauer Wirtshauskultur.

Lustenau Sabine Anderle (59) strahlt übers ganze Gesicht. “Mit dem kaputten Dach wurde es schon eng. Jetzt bin ich so froh, dass die Gemeinde das Haus gekauft hat und die notwendigen Investitionen tätigt. Ich kann weiter machen. Und das tu’ ich gerne”, sagt die resolute Wirtin. 2001 hatte die gelernte Schneiderin das Haus mit seiner museumsreifen Einrichtung übernommen, ergänzte das Inventar mit einigen dazu passenden alten Möbelstücken. Sie küsste damit ein altes Stück Lustenauer Wirtshauskultur wach. Die Lustenauer wussten das zu schätzen. Im “Lamm” herrscht stets Hochbetrieb, der alte Holzsaal bietet für große Familien-und Firmenfeste ein ganz besonderes Ambiente.

Der Saal ist einer der großen Attraktionen des Gasthauses "Lamm" in Lustenau. Er wird sehr gerne von Festgesellschaften gemietet. <span class="copyright">VN/Paulitsch</span>
Der Saal ist einer der großen Attraktionen des Gasthauses "Lamm" in Lustenau. Er wird sehr gerne von Festgesellschaften gemietet. VN/Paulitsch

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“Zu 110 Prozent sicher”

Vehement abgeraten hätte ihr ein sogenannter Insider damals, “diese Bude, die ein Fass ohne Boden ist”, zu übernehmen. “Aber ich wusste zu 110 Prozent: Das funktioniert!” Wie recht Sabine Anderle doch hatte.

Dass sie als Kultwirtin, die sie schon längst selber ist, im “Lamm” immer die Zweite sein wird, kann sie mit uneingeschränkter Zustimmung schmunzelnd akzeptieren. Schließlich war das “Lamm” jahrzehntelang das Revier von “Lamms Fany”, einem Wirtinnen-Original von einzigartigem Rang. Fany ist schließlich die fleischgewordene Sammlung unvergessener Wirtshausanekdoten. So ließ sie, als “spärig” bekannt, im Winter ihre Gäste Holzbriketts selber mitbringen, um damit den Ofen zu heizen. Das Bier kostete einen Schilling weniger, wenn man es aus der Flasche trank und kein Glas brauchte.

Die legendäre Kultwirtin "Lamms Fanny", alias Franziska Bösch. Sie war für ihre Schrulligkeit bekannt und lieferte den Stoff für viele Geschichten. <span class="copyright">Gemeinde</span>
Die legendäre Kultwirtin "Lamms Fanny", alias Franziska Bösch. Sie war für ihre Schrulligkeit bekannt und lieferte den Stoff für viele Geschichten. Gemeinde

Fany fuhr als einzige Frau in Lustenau Motorrad. Sie war eine glühende Monarchisten, die im “Lamm” selbst während der Nazi-Zeit kein Hitlerbild, dafür aber Portraits des Kaisers an den Wänden hängen hatte.

Schon zu ihren Leb- und Arbeitszeiten war "Lamm's Fany" ein Objekt der Begierde für Medien. <span class="copyright">Gemeinde</span>
Schon zu ihren Leb- und Arbeitszeiten war "Lamm's Fany" ein Objekt der Begierde für Medien. Gemeinde

Die noble Wirtschaft

“Das ‘Lamm’ ist tatsächlich ein Relikt des alten Lustenau”, weiß Dorfhistoriker Wolfgang Scheffknecht (64). “Das Gasthaus wurde 1902 eröffnet, ein Jahr nach Fanys Geburt. Es galt in den Anfängen als noble Wirtschaft, wo die Gäste nicht selber Trinkbehälter mitbringen mussten. Die Wirtefamilie Bösch legte Wert darauf, in all den Jahrzehnten nichts an der Einrichtung zu ändern.”

Zu den Stammgästen im “Lamm” gehörten viele Jahre Lustenauer Schmuggler, die nach erfolgreicher Grenzüberquerung im Wirtshaus einkehrten.

Dorfhistoriker und Universitäts-Lehrbeauftragter Dr. Wolfgang Scheffknecht kennt einige Geschichten über das alte "Lamm".  <span class="copyright">VN/Paulitsch</span>
Dorfhistoriker und Universitäts-Lehrbeauftragter Dr. Wolfgang Scheffknecht kennt einige Geschichten über das alte "Lamm". VN/Paulitsch

Fany stand bis 1994 mit 93 Jahren noch hinter dem Tresen. Die letzten drei Jahre ihres Lebens verbrachte die Legenden-Wirtin im Altersheim.

Einig in 20 Minuten

“Ich habe Fany selber noch kennenlernen dürfen”, erzählt Sabine Anderle. Für sie stand nach Wiedereröffnung des “Lamm” im Jahre 2002 fest: “Fanys Geist darf in diesem Haus niemals verschwinden. Ich habe bewusst mehrere Bilder von ihr aufgehängt. Sie wird ewig mit diesem Haus in Verbindung gebracht werden.” Wie lange sie selbst als Wirtin im denkmalgeschützten Haus agieren wird, lässt sie offen. “Ich setze mir überhaupt kein Datum. Ich bleibe, so lange mir die Arbeit und der Kontakt mit den Gästen Spaß macht. Und es macht mir derzeit noch großen Spaß.” Mit der Gemeinde sei sie sich über alles in 20 Minuten einig geworden.

<p class="caption">Vizebürgermeister Daniel Steinhofer ist als Kulturgemeinderat froh, dass es mit dem Gasthaus "Lamm" als altes Stück Lustenau weiter geht.  <span class="media-container dcx_media_rtab" data-dcx_media_config="{}" data-dcx_media_type="rtab"> </span><span class="marker">VLV</span></p>

Vizebürgermeister Daniel Steinhofer ist als Kulturgemeinderat froh, dass es mit dem Gasthaus "Lamm" als altes Stück Lustenau weiter geht.  VLV

Laut Auskunft von Wirtschafts- und Kulturgemeinderat Daniel Steinhofer wird die Kommune schon bald 200.000 Euro in die Generalsanierung des brüchigen Daches investieren. “Danach kommt die Fassade dran”, kündigt der Vizebürgermeister an.