Ein „systemrelevanter Pensionist“

Christian Troy ist mit 65 Jahren wieder ins Berufsleben zurückgekehrt. Der Egger ist Spezialist für alte Technik.
Egg „Ausnahmsweise gute Nachrichten“ ist in einem originellen Inserat im Gemeindeblatt für den Bezirk Bregenz und neben der Eingangstür zur „Mechanischen Werkstätte“ von Christian Troy in Egg zu lesen. Nach zwei Jahren im Pensionsmodus hat sich der 65-Jährige dazu entschieden, seine Pforten wieder zu öffnen und seinen Betrieb „als systemrelevanter Pensionist“ weiterzuführen.

Der Bregenzerwälder ist einer von wenigen, die sich noch mit alter Technik auskennen, und sein Wissen ist gefragt. „Zwei junge Männer sind sogar über 500 Kilometer bis zu mir gefahren, damit ich ihnen mit ihren Maschinenteilen helfe“, erzählt er.

Bekleidet mit Jeans, kariertem Hemd, Arbeitsschürze und einem Lächeln auf den Lippen blickt sich Troy in seiner Werkstatt um. „Das ist hier quasi wie in einem Museum“, sagt er und lacht.

Vor rund drei Jahrzehnten hat er mit einem Werkzeugkoffer und reichlich beruflichem Erfahrungsschatz den Schritt Richtung Selbstständigkeit gewagt. Bei Branchenkennern hatte er sich schnell einen Namen gemacht. Inzwischen ist sein Arbeitsreich von quasi null auf mehrere Räume voller Maschinen, historischer Motoren, Werkzeug und Zubehör aller Art angewachsen.

„Man muss wissen, woher man kommt, um zu wissen, wohin man geht“, erläutert der 65-Jährige seine Leidenschaft für alte Technik, Nostalgisches sowie Liebe zum Detail und fügt hinzu: „Mich fasziniert einfach, wie sich alles vom 19. Jahrhundert bis heute entwickelt hat. Es ist bewundernswert, was die Menschen früher in Anbetracht der damaligen Möglichkeiten alles umgesetzt haben.“

Im Eingangsbereich zur Werkstatt hat Troy mehrere Museumsstücke platziert. Darunter etwa einen historischen Motor, an dem er über 20 Jahre lang getüftelt hat. „Das ist ein Polymobil-Motor“, erklärt er und fügt hinzu: „Dieser dürfte vermutlich vom ersten Auto, das es in Vorarlberg gab, stammen.“ Gefunden hatte er Teile davon auf einem Schrottplatz in Feldkirch.

Mit seinem Wissen hat er weiters auch schon für einen Kunden einen Motor aus dem Jahr 1885 wieder flott gemacht. „An dem hat Nikolaus August Otto selbst noch herumgeschraubt“, erzählt der Bregenzerwälder weiter und schmunzelt.

Neben Motoren finden sich in der Werkstätte zahlreiche weitere technische Schmuckstücke. Darunter eine Drehbank aus dem 19. Jahrhundert, die er ebenso vor dem Verschrotten gerettet und repariert hat. „Wenn sich ein gutes Plätzchen findet, würde ich die Maschine abgeben. Beispielsweise für eine museale Geschichte“, sagt er. Generell sei er gerade damit beschäftigt, seine Sammlung zu straffen.
„Heutzutage wird alles mit fünf Knopfdrücken erledigt, und wenn es ein technisches Problem gibt, steht alles still.“
Christian Troy, Mechanische Werkstätte
Modernste Technik sieht der gelernte Werkzeugmacher kritisch. „Heutzutage wird alles mit fünf Knopfdrücken erledigt, und wenn es ein technisches Problem gibt, steht alles still“, meint er und schüttelt den Kopf.
Troy hat schon zahlreiche Geräte wie Bäckerei- oder Textilmaschinen, Pumpen oder Landmaschinen wieder in Gang gebracht und in seiner Freizeit einige historische Traktoren restauriert.

Eigentlich hatte sich der Tüftler vor drei Jahren in die Pension verabschiedet. „Damals habe ich mich darauf gefreut. Ich habe mein Leben lang viel gearbeitet.“ Warum er sich den Schritt zurück ins Berufsleben trotzdem nochmal antut? „Jetzt habe ich wieder Power, und ich bin ja topfit“, sagt er und berichtet von einem Aha-Erlebnis bei einer Italienreise und vom Wunsch, seine Werkstatt weiterzuführen sowie das Gebäude bzw. sein Daheim gut in Schuss zu halten.

„Ich war in meinem Leben noch keinen Tag im Spital und habe auch Corona drei Mal überstanden“, erzählt er weiter. Seine Fitness führt er auf sein Vegetarierdasein und seine Vorliebe für gekochte Kartoffeln, eine Arbeit, die ihm Spaß macht sowie gute Gene zurück. „Generell ein solides Leben“, fügt er noch hinzu. Als Ein-Mann-Betrieb müsse man ja auf sich aufpassen.
Work-Life-Balance im Fokus
Etwas Ärger bereiten ihm im Hinblick auf das Berufsleben allerdings die Steuern und Beiträge: „Da geht schon ziemlich viel weg“, meint er. Aber zahlen müsse man sie natürlich trotzdem.
Aufgrund mehrerer Anfragen hat er sich nun mit 65 noch einmal dazu entschieden, seine Werkstätte weiterzuführen. Sein Arbeitspensum habe er bei seinem Wiedereinstieg ins Berufsleben als „systemrelevanter Pensionist“ aber natürlich deutlich reduziert. „Work-Life-Balance“, merkt er noch an. Keine Sechs-Tage-Woche und lange Arbeitstage mehr. Stattdessen viel mehr Zeit für Aktivitäten wie Segeln, Motorradfahren und Gärtnern.