Todespfleger vor Gericht

Welt / 16.05.2019 • 22:46 Uhr / 2 Minuten Lesezeit
Wegen des Todes von sechs Patienten auf der Delmenhorster Intensivstation wurde der 42-Jährige bereits 2015 zu einer lebenslangen Haft verurteilt. AFP
Wegen des Todes von sechs Patienten auf der Delmenhorster Intensivstation wurde der 42-Jährige bereits 2015 zu einer lebenslangen Haft verurteilt. AFP

Staatsanwaltschaft fordert für Niels Högel wegen 97 Morden eine lebenslange Haftstrafe.

Oldenburg Das geforderte Strafmaß für den mutmaßlichen Serienmörder und Ex-Krankenpfleger Niels Högel konnte nicht überraschen. „Lebenslange Freiheitsstrafe unter Feststellung der besonderen Schwere der Schuld“, beantragte Oberstaatsanwältin Daniela Schiereck-Bohlmann in ihrem stundenlangen Plädoyer. Und das wegen 97-fachen Mordes. Högel sitzt bereits wegen zwei Morden und zwei Mordversuchen lebenslang im Gefängnis. Wenn das Landgericht Oldenburg eine besondere Schwere der Schuld feststellt, kann der 42-Jährige nur in Ausnahmefällen – etwa bei schwerer Krankheit – nach 15 Jahren freikommen. Doch bei diesem besonderen Prozess geht es nicht um die Strafe, sondern vor allem um die Aufklärung der vermutlich größten Mordserie im Nachkriegsdeutschland. Die Dimension der Verbrechen machte Gaby Lübben deutlich. Statt die angeklagten Taten einzeln aufzuzählen, schaltete die Rechtsanwältin und Nebenklage-Vertreterin einen Beamer ein und zeigte in langsamer Folge auf zwei Leinwänden Fotos vieler Opfer.

Högel habe einmal gesagt, dass ihn die toten Seelen im Traum besuchen, er sie aber nicht zuordnen könne, erinnerte Lübben am Donnerstag. „Deshalb stelle ich sie Ihnen jetzt vor.“ Bei jedem Foto erzählte sie aus dem Leben des getöteten Menschen. Nach jedem Opfer herrschte jeweils einen Moment Stille im Saal.

Staatsanwältin Schiereck-Bohlmann ging dezidiert jeden einzelnen der angeklagten 100 Fälle durch. „Allein die Aussage ‚größter Serienmörder der Geschichte‘ reicht nicht aus, ihn zu verurteilen“, sagte die Oberstaatsanwältin auch mit Blick auf die Medienberichterstattung. Nur in drei Fällen sah sie keine hinreichenden Beweise für eine Mordtat Högels, der deshalb in diesen Fällen freizusprechen sei.