Ökosystem belastet

Mehr als eine Million Hindernisse wie Staudämme und Schleusen in Europas Flüssen.
London Künstlich angelegte Staudämme, Wehre und Schleusen beeinträchtigen den Wasserfluss praktisch überall in Europa: Einer Studie zufolge sind die Flüsse durch mehr als eine Million solcher Quer-Hindernisse geteilt. Ihre Zahl liege damit deutlich höher, als Erhebungen in bestehenden Datenbanken vermuten ließen, schreibt ein Forscher-Team verschiedener Universitäten im Fachblatt „Nature“.
Intakte Fließgewässer erfüllen für ein Ökosystem zahlreiche Funktionen: Sie sind nicht nur Lebensraum für Tiere und Pflanzen, sondern auch Nahrungsquelle und Transportweg. Doch beispielsweise durch den Bau von Stauseen verändern sich Strömungsverhältnisse. Sedimente lagern sich ab und verschlammen den Lebensraum zahlreicher Arten.
Für die Studie werteten rund 50 Wissenschafter mehr als 2700 Flusskilometer von 147 europäischen Flüssen aus. Auf Grundlage von regionalen, nationalen und globalen Datensätzen liefen die Forscher nach standardisierten Verfahren ausgewählte Flussabschnitte ab und kartierten die Anzahl und die Art der Barrieren und Querbauwerke.
Die Forscher kamen zu dem Ergebnis, dass die bisher verfügbaren Datensätze dazu neigten, insbesondere die Zahl kleinerer Barrieren zu unterschätzen – nämlich um 61 Prozent. Auf Basis von bereinigten und hochskalierten Schätzungen gehen die Experten demnach davon aus, dass es in 36 europäischen Ländern 1,2 Millionen Hindernisse („in-stream barriers“) gibt, die den Wasserlauf stören. Den Großteil dieser Barrieren, nämlich rund zwei Drittel, machen kleinere Bauwerke aus, die weniger als zwei Meter hoch sind.
Am höchsten ist die Dichte an Hindernissen der Studie zufolge in den stark veränderten Flüssen Mitteleuropas. In Skandinavien, Island und Schottland dagegen, also in eher dünn besiedelten, bergigen Gebieten, sind die niedrigsten Barrieredichten zu finden.