Peter Schröder

Kommentar

Peter Schröder

Das flackernde Licht der Demokratie

Welt / 19.07.2021 • 05:00 Uhr / 3 Minuten Lesezeit

Thornton Wilders “Wir sind noch einmal davongekommen” machte nach 1945 auf deutschsprachigen Bühnen Furore. Das Kaleidoskop der Katastrophen der Weltgeschichte muss seitdem und bis in die Gegenwart um viele Fortsetzungen ergänzt werden. Denn was ist zur Zeit alles zu beklagen: Pandemien, Klimakatastrophe, Kriege, Unterdrückung, Verfolgung, Massenmorde Hungersnöte, Massenarmut, und Elendsverhältnisse in vielen Lebensbereichen. Nicht nur “weit dahinten” oder “da unten”, sondern ganz nahe oder direkt auch bei uns.

Zur Bekämpfung vieler Übel und zur Sicherung humaner und menschenwürdiger Verhältnisse haben wir, etliche Länder der westlichen Welt, uns in “Wertegemeinschaften” zusammengeschlossen. Etwa in der Europäischen Union, der Nato, oder der 38 Staaten der Erde verbindenden OECD. Die UNO ist ein weltumfassender und nicht immer erfolgreicher Versuch.

Aber auch in der EU ist eine Erosion der gemeinsamen Werte zu beklagen: Die Regierungen Ungarns und Polens massakrieren demokratische Grundsatzregeln, hebeln die Pressefreiheit aus, Regierende in Italien verstoßen gegen das Humanitätsgebot in der Asylpolitik, und andere EU-Staaten nehmen es mit der Solidarität nicht so genau.

Selbst in den Vereinigten Staaten, das dem kriegsgeschundenen Europa vor mehr als sieben Jahrzehnten eine Schreckenszeit der Unfreiheit, Vernichtung und Verwüstung zu beenden und überwinden half, flackert das Leuchtfeuer der Demokratie. Und das mit unermesslichen Gefahren für die Welt. Nachdem der vor acht Monaten abgewählte US-Präsident Trump seine Anhänger glücklicherweise erfolglos zu Putsch, Sturm auf das Parlament und Machtergreifung aufstachelte, zertrümmern seine enthemmten Gefolgsleute im Bundes- und in Landesparlamenten seitdem Stück für Stück die Grundfesten der amerikanischen Demokratie.

Reformvorhaben des demokratisch gewählten Präsidenten-Nachfolgers Joseph Biden werden auf Geheiß des aus dem Weißen Haus vertriebenen An-Führers von einer rechten Parlamentsminderheit mit widerrechtlichen prozeduralen Winkelzügen blockiert. Gleichzeitig behindern die parlamentarischen Umsturzanhänger Medien und Justiz bei Aufdeckung und Ahndung von Rechtsverstößen. Und rechte Mehrheiten in Landesparlamenten verabschieden Wahlgesetze, die Trump-Gegner von Wahlen ausschließen sollen.

Das verspricht nicht weniger als das Ende der Demokratie. Und vor Nachahmung wird gewarnt. Überall.

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