Retten, was noch übrig ist

Welt / 22.07.2021 • 22:30 Uhr / 3 Minuten Lesezeit
Das Hochwasser hat in Erftstadt-Blessem (Nordrhein-Westfalen) besonders verheerend gewütet. 100 Meter um die Abbruchkante ist noch immer gesperrt.  Reuters
Das Hochwasser hat in Erftstadt-Blessem (Nordrhein-Westfalen) besonders verheerend gewütet. 100 Meter um die Abbruchkante ist noch immer gesperrt.  Reuters

Blessemer kehren nach der Flut zurück und stehen vor den Trümmern ihrer Existenz.

Erftstadt Der obere Teil des massiven Eichenschranks ist unversehrt – hinter den Glastüren stecken Kinderfotos. “Gott sei Dank, wenigstens die Bilder von meinen Enkelchen sind noch da”, sagt Susanne Dunkel. Die 70-Jährige steht am Donnerstag in ihrem Esszimmer in Erftstadt-Blessem (Nordrhein-Westfalen): Bis auf den Schrank ist der Raum leer, der Boden ist glitschig von Schlamm. Die Möbel liegen als braun verdreckter Sperrmüll vor dem Haus. “Ich wohne seit 46 Jahren hier – und jetzt sowas. Was soll denn nun werden?”, fragt Dunkel und kann Tränen nicht unterdrücken.

Nach mehreren Tagen durften die Bewohner des vom Hochwasser besonders stark getroffenen Ortes Blessem wieder in ihre Häuser. Ein Erdrutsch hatte einige Gebäude mitgerissen. Auch jetzt ist ein Radius von 100 Metern um die Abbruchkante aus Sicherheitsgründen noch immer Sperrgebiet. Für den Rest des Ortes ist das Betretungsverbot seit Donnerstagmorgen aufgehoben. Zum ersten Mal sehen die Bewohner ihr Zuhause wieder, nachdem das Wasser abgeflossen ist und Schlamm zurückgelassen hat.

Bis alles wieder läuft, werde es noch Tage oder auch Wochen dauern, sagt der Landrat des Rhein-Erft-Kreises, Frank Rock. So schnell wie möglich sollten große Transformatoren aufgestellt werden, um die Bewohner mit Strom zu versorgen.

Susanne Dunkels Blick fällt wieder auf ihren Eichenschrank: Der ist völlig aufgequollen und geborsten. “Dass nicht mal die Eiche das aushält – das hätte ich niemals gedacht.”

Die Menschen in den betroffenen westdeutschen Gebieten blicken mit Sorge auf die Wetteraussichten für das Wochenende. Schauerartiger Regen wird in Rheinland-Pfalz und im Saarland erwartet. Nach bisherigen Erkenntnissen kamen 176 Menschen ums Leben.