Mit Pflock und Angel

Ludwig Mayer ist Wegewart für 100 Kilometer im Hochgebirge.
Tschagguns Angefangen hat alles, als Ludwig Mayer nach dem Angeln mitten im Nebel stand und selbst trotz guter Ortskenntnis nicht mehr sicher war, in welche Richtung es zurück ins Tal ging. Dass es das in einer Tourismusregion wie dem Montafon nicht sein könne, lag für den Pensionisten auf der Hand. Deswegen ist er nun seit drei Jahren Wegewart des Alpenvereins.
Sein Aufgabengebiet im Montafon hat beachtliche Ausmaße: Für an die 100 Kilometer Wanderweg im hochalpinen Gelände trägt der 62-Jährige die Verantwortung. Dabei umfasst seine Arbeit mehr, als nur im Frühjahr Wegweiser aufzustellen und im Herbst diese zum Schutz vor Lawinen wieder abzubauen: Mit der Schneeschaufel räumt er zu Beginn der Saison im Hochgebirge den Schnee zur Seite, mit Baumschere und Motorsäge öffnet er verlegte Wanderwege. Und er legt aufwendig Gerinne, um das Ausspülen der Wege zu verhindern. Mit halben Sachen gibt sich Ludwig nicht zufrieden: Hunderte Holzpflöcke mit Farbmarkierungen trägt er in die Berge, um Wanderwege vor allem bei schlechter Witterung sichtbarer zu machen. Schnee und Nebel lassen traditionelle Markierungen schnell verschwinden. „Mein Ziel ist, dass man auch im Nebel ins Tal findet, nicht nur bei guten Wetter“, erklärt der Montafoner. Auch für ihn selbst eine Gratwanderung: Einerseits sollen unerfahrene Wanderer auf nicht zu herausfordernde Wege gelockt werden, indem diese einfach erscheinen. Andererseits soll sich nie jemand frustriert und verloren fühlen müssen.
Wegewart als Touristenattraktion
Diese Motivation trägt Früchte. Nicht nur, dass er immer mehr Kilometer auf seinen angestrebten Standard hebt, für die Touristen gilt der Wegewart selbst als Sehenswürdigkeit. „Vorbeikommende Kanadier fragten mich einmal, ob sie auch eine Markierung anbringen dürfen“, lacht Mayer. Sie malten weiß, Mayer selbst dann den roten Mittelstreifen. Eine weitere Belohnung für die Arbeit ist, wenn sich auf einem Hang Wild zeigt, um sich mit dem Teleobjektiv fotografieren zu lassen. Die größte Freude ist ihm jedoch, wenn ein Wanderer dem Alpenverein Lob für den Zustand der Wege zukommen lässt. Oft mit dabei: Fotos vom Wegewart bei der Arbeit.
Die ehrenamtliche Arbeit als Wegewart zeichnete sich jedoch nicht direkt ab. Mayer lernte Konditor, machte sich gemeinsam mit einem Freund im Tal selbstständig. Doch bald zwang ihn eine Mehlallergie zur Umschulung. Zuerst zog es ihn in den Hochbau. 2005 suchte er eine neue Herausforderung, spezialisierte sich auf den Tunnelbau. Mayer wirkte am Kopswerk II mit oder beim Bau der ICE-Strecken in Deutschland. Nebenbei hilft er bis heute dem Bruder in der Landwirtschaft, der Umgang mit Holz ist ihm nicht fremd.
Angeln in Norwegen
Seine zweite Leidenschaft gilt dem Angeln. Dieses verfolgt er nicht nur in den Alpenseen der Heimat. Seit 20 Jahren zieht es ihn jedes Jahr für einige Wochen nach Norwegen. „Dort braucht es allein schon als Köder größere Fische, als man hier aus dem Wasser zieht“, lacht Mayer. Stolz verweist er auf seine Erfolge, vom Seelachs bis zum Teufelsrochen war alles dabei, auch farbenfrohe Knurrhähne zog er schon aus dem Wasser. Sein Favorit ist jedoch der elegant langgezogene Lumb. Diesen findet man auf Wassertiefen von bis zu 1000 Metern.
Seine Leidenschaft für die Anglerei ist ansteckend, auch seine Frau ist inzwischen begeisterte Hochseeanglerin.
Und da das noch nicht reicht, kann man Mayer jedes Jahr auf dem Bodensee Radmarathon antreffen. Die Sportlichkeit reichte er an die drei Kinder weiter, diese nehmen sogar an „Spartan“-Hindernisrennen in den USA teil. Und im Zweifel treiben einen die eigenen Chihuahuas aus dem Haus. VN-rau
Zur Person
Ludwig Mayer
Seit 2018 Wegewart im Montafon, ist verantwortlich für 100 Kilometer Wanderwege.
Geboren 1958
Ausbildung Bäcker- und Konditorlehre,Maurer und Tunnelbau
Familie verheiratet, drei Kinder