Fische haben Gefühle

Biologe beschreibt Putzerfische als geschäftstüchtig und emotional.
bregenz Katzen und Hunde haben Emotionen. Das ist mittlerweile hinreichend bekannt. Dass auch Fische Gefühle zeigen und gar gute Businessstrategen sein können, erfuhren die Teilnehmer des diesjährigen Animalicum Tier & Wir Kongresses, zu dem die Tierärztin Tanja Warter am vergangenen Wochenende nach Bregenz geladen hatte.
Redouan Bshary, einer der internationalen Referenten, nahm das Publikum mit zu einem spannenden Ausflug in einen Unterwasserkosmetiksalon. Der an der Universität Neuchatel in der Schweiz forschende 53-jährige Biologe und Verhaltensforscher widmet sich seit über 20 Jahren dem Sozialverhalten der Putzerlippfische – jenen kleinen Meeresfischlein, die sich von auf und in Artgenossen eingenisteten Parasiten ernähren.
Zu Bsharys Studienorten zählen Riffblöcke bei Lizard Island, eine Insel am Great Barrier Reef in Australien. Dort hat der Forscher mit seinem Team Putzerstationen beobachtet, die von Putzerlippfischen bewirtschaftet werden. Frequentiert werden die Putzerstationen von Fischen, die in „Anwohner“ und „Besucher“ eingeteilt sind.
Futter gegen Sauberkeit
Putzerfische befreien ihre Kunden von Parasiten und abgestorbener Haut. Sie leisten täglich an die 2000 solcher Kosmetikbehandlungen. Dabei geht es um das Geschäft Futter gegen Sauberkeit.
Oft kommt es vor, dass zwei Kunden gleichzeitig den Reinigungsservice beanspruchen. Handelt es sich dabei um einen Anwohner und um einen Besucher, nimmt der Putzerfisch zuerst den Besucher, also die Laufkundschaft dran. Der Anwohner als Stammkunde muss warten. (Beim Menschen verhält es sich gegenteilig.)
Bshary konnte nachweisen, dass Putzerfische ihre Kunden sowohl nach Arten als auch als Individuen unterscheiden.
Unter den Kunden sind auch Raubfische. Sie verhalten sich friedlich und warten, bis sie an der Reihe sind. „Putzerfische schwimmen in Raubfischmäuler hinein und auch wieder heraus. Lebend“, sagt Bshary. Sie entfernen Parasiten zwischen Zähnen, im Schuppenkleid und in Kiemenöffnungen. Die Lieblingsspeise der Putzerfische ist jedoch Mucus, der Schleim, den ihre Kunden bilden. Allerdings mögen die Kunden Bisse an ihren Schleimhäuten gar nicht. Das tut nämlich weh. „Zudem ist das Betrug am Kunden“, erklärt Bshary. Generell schwimmen die gebissenen Kunden weg und kehren nicht mehr zu dieser Putzerstation zurück. Bei Raubfischen kommt es indes vor, dass Schleim abbeißende Putzer gefressen werden. „Denn einen Raubfisch betrügt man nicht.“ Das wissen die Putzerfische, denn sie sind laut dem Biologen „gute Geschäftsleute“. Darum wird Raubfischen besonders guter Service angeboten. Denn auch hier gilt: „Ist der Service gut, kommt der Kunde wieder. Wenn nicht, dann nicht.“
Fische mögen Massagen
So bieten Putzerfische auch Massagen an. Mit den Brust- und Bauchflossenstreicheleinheiten manipulieren sie ihre Kunden und locken andere an. „Fische mögen Massagen“, weiß Bshary. “Sie versetzen die Tiere in gute Stimmung.“ Wenn Fische – wie beim Massieren – Freude empfinden können, empfinden sie auch Leid. Also lautet das Fazit: Auch Fische haben und zeigen Gefühle. Bshary ist aufgrund seiner Forschungsergebnisse davon überzeugt.
„Fische mögen Massagen. Sie versetzen die Tiere in gute Stimmung.“

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