Die tragende Rolle
Auf den Anmeldeformularen des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz für die Corona-Schutzimpfung findet man unter der Rubrik Geschlecht die Kategorien weiblich, männlich, divers, inter und offen. Wer das für verwirrend oder überflüssig hält, wird von Psychologen aufgeklärt: „Die Selbstwahrnehmung eines Menschen kann von seinem biologischen Geschlecht abweichen, wir sprechen dann von Transidentität. Manchmal ist das biologische Geschlecht aber nicht eindeutig bestimmbar, dieses Phänomen wird meist Intersexualität oder auch Variante der Geschlechtsentwicklung genannt.“
Enorme Vielfalt
In der Natur hat sich im Laufe der Entwicklung des Lebens das System der sexuellen Fortpflanzung durchgesetzt, weil die nicht-sexuelle Fortpflanzung in Sackgassen führt. Es gibt bei einigen Arten gelegentlich asexuelle Fortpflanzung (z.B. Jungfernzeugung), das ist aber nur vorübergehend möglich. Bei asexueller Fortpflanzung führt jede negative Mutation – die Genetiker sprechen von Letal- und Subletalmutationen – zu einem Ausbleiben von Nachkommen. Bei sexueller Fortpflanzung können nachteilige Mutationen durch die Neukombination väterlicher und mütterlicher Gene über tausende Generationen konserviert werden. Die sexuelle Fortpflanzung in Verbindung mit Mutationen und nachgeschalteten Selektionen ist die Ursache für die natürliche Vielfalt.
Es ist in der Biologie üblich, Individuen mit großen Fortpflanzungszellen (Eizellen) als weiblich zu bezeichnen. Männliche Wesen produzieren viele kleine und bewegliche Zellen (Samenzellen, Pollen). Zwitter, wie wir sie im Pflanzenreich häufig, im Tierreich seltener finden, liegen bei den Geschlechtern nicht dazwischen. Es handelt sich um Lebewesen mit intakten männlichen und weiblichen Fortpflanzungsorganen.
Natürliche Selektion
Die Macht der natürlichen Selektion zeigt sich Biologen, die genauer hinsehen. Selektion beginnt unmittelbar nach der Befruchtung. Nicht einmal die Hälfte aller befruchteten menschlichen Eizellen schafft eine Einnistung. Krankheiten, Tod, Unfruchtbarkeit, freiwillige Kinderlosigkeit, all das gehört im weitesten Sinn zur Kategorie selektiver Vorgänge, die eine Weitergabe der eigenen Gene verhindern. Es spielt keine Rolle, ob und wie Männer und Frauen im angeblich falschen Körper zu wohnen glauben, es spielt evolutionsbiologisch auch keine Rolle, ob Fortpflanzungsorgane nur unvollständig ausgebildet sind. Im Laufe der Milliarden Jahre dauernden Geschichte des Lebens spielten immer nur zwei unterscheidbare Geschlechter die tragende Rolle. Wortspiele auf Formularen mögen gut gemeint sein, sind aber bedeutungslos.
Mag. Dr. Rudolf Öller ist
Biologe und Lehrbeauftragter
des Roten Kreuzes.
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