Seefahrt mit Ammoniak

Wie man mit einem Gas ohne CO2 über die Meere kommt.
schwarzach 1942 gab es in Belgien kriegsbedingt keinen Diesel mehr für die Überlandbusse. Der Erfinder Emeric Kroch entwickelte ein italienisches Patent weiter und versorgte die Busse mit einem alternativen Kraftstoff: Ammoniak. Das war durch mehrere Fabriken ausreichend vorhanden. Ein ungewöhnlicher Vorschlag, weil Ammoniak gar nicht brennt, wenn man es anzündet. Mit Katalysatoren brennt das Gas dann doch und bildet Stickoxide, aus denen man Salpetersäure herstellt, Düngemittel und Sprengstoffe. Das ist aber nicht das, was ein „Ammoniakmotor“ leisten sollte. Mit reinem Sauerstoff kann man Ammoniak zu Wasser und Stickstoff verbrennen, der Energieinhalt ist etwa halb so groß wie bei Dieselöl, aber reiner Sauerstoff stand als Zündmittel nicht zur Verfügung. Kroch behalf sich mit einer Beimischung von herkömmlichem „Kohlegas“, bei uns früher als „Stadtgas“ bekannt, hergestellt in Gaswerken aus Kohle. Es enthält hauptsächlich Wasserstoff und Kohlenmonoxid. Nach dem Krieg war Diesel wieder verfügbar, das Kroch-Verfahren geriet in Vergessenheit.
Damit ist es nun vorbei, Pläne zur Einführung einer CO2-Steuer sorgen für Unruhe bei den Großemittenten im Verkehr, den Schiffen. Die Giganten der Meere, die Containerschiffe, sind so lang wie drei Fußballfelder und fahren mit Schweröl – eine krasse Beschönigung, das Zeug hat die Konsistenz schwarzer Schuhcreme und muss erst durch Heizen verflüssigt werden, bevor man es den Schiffsmotoren zuleitet. Mit einem Liter bewegt sich das Schiff gerade um acht Meter; zwischen Schanghai und Rotterdam läppert es sich ganz schön zusammen, die Schifffahrt emittiert pro Jahr 850 Millionen Tonnen Kohlendioxid, das sind 2,5 Prozent des gesamten Ausstoßes. Kommen jetzt wirklich die CO2-Abgaben, kostet das die Reedereien Milliardenbeträge. Ammoniak soll der Ausweg sein? Auf den ersten Blick keine angenehme Substanz. Ein ätzendes, stinkendes Gas, schwer giftig. Allerdings lässt es sich schon mit moderatem Druck von zehn Bar verflüssigen, bei Raumtemperatur. Keine wahnsinnigen Minusgrade, keine 700 Bar wie beim Wasserstoff. Hauptvorteil: Es enthält keinen Kohlenstoff, aus dem dann über kurz oder lang sowieso nur Kohlendioxid wird. Das eben will man ja vermeiden. Stichworte sind: Klimaschutz, Dekarbonisierung. Hergestellt wird Ammoniak aus Wasserstoff und Stickstoff, der stammt aus der Luft, der Wasserstoff heute aus Erdgas. Früher hat man ihn mit Elektrolyse aus Wasser hergestellt, der Strom dazu könnten Wind und Sonne liefern, das schlussendlich erzeugte Ammoniak wäre ein handhabbarer Speicher zum Ausgleich von Verbrauchsspitzen. Ein „Zündmittel“ muss allerdings nach wie vor beigemischt werden, man denkt an fünf Prozent Diesel. Wasserstoff oder fünf Prozent – Diesel. Angestrebt wird ein Betrieb mit reinem Ammoniak, dazu laufen Forschungen.
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