Flüssige Luft

Ungewöhnliche Energiespeicherung.
schwarzach Um Österreichs Klimaschutzziele zu erreichen, werden geradezu abenteuerliche Zahlen kolportiert. Bis 2030 sollen eineinhalb Millionen Öl- und Gasheizungen durch kohlenstofffreie Alternativen ersetzt werden, wohl hauptsächlich durch Wärmepumpen und Fernwärme. Wo letztere herkommen solle, bleibt etwas diffus, die Wärmepumpe braucht jedenfalls Strom, und der kommt von Wind und Sonne – vom Atom eher nicht, da ist man sich einig. Aber nur in Österreich und Deutschland
Wie dem auch sei, wenn solche Pläne mehr sein sollen als Erbauungslyrik fürs grüne Poesiealbum, muss man die Zwischenspeicherung in Angriff nehmen. Das Problem nennt sich „Dunkelflaute“: Es ist Nacht und es weht kein Wind. Häufig bei einem fetten kontinentalen Hoch im Jänner, wenn alle heizen müssen. Da braucht es ein paar Wochen Überbrückung. Riesige Strommengen aus dem Sommer sollten gespeichert zur Verfügung stehen. Eine charmante Idee dazu ist flüssige Luft. Das Verfahren der Luftverflüssigung wurde 1895 vom deutschen Physiker Carl v. Linde erfunden. Dabei wird Luft zunächst auf 200 bar komprimiert – in unserem Beispiel mit Solar/Windstrom. Dabei wird sie heiß, das heiße Gas wird mit Wasser gekühlt, durch eine Turbine geleitet, dann durch ein Ventil, wodurch sich die Luft so stark abkühlt, dass sie flüssig wird. Sie hat dann minus 195 Grad und siedet bei dieser Temperatur, dabei muss die Flüssigkeit Verdampfungswärme aufbringen, die stammt aus der Luft selber, wodurch ihre Temperatur wieder sinkt – gleichzeitig strömt durch die Wände des Gefäßes Umgebungswärme ein. Je größer der Behälter und je besser er isoliert ist, desto geringer sind die Kälteverluste, desto weniger flüssige Luft muss verdampfen, um diese Verluste auszugleichen.
Fazit: ein genügend großer Topf ist ein Langzeitspeicher für Flüssigluft – und damit für Energie, denn Kälte lässt sich zur Stromerzeugung ebenso nutzen wie Wärme. Beim Flüssigluftspeicher geht das so: Eine Pumpe, betrieben mit grünem Überschussstrom, komprimiert die flüssige Luft auf hohen Druck, in einem Wärmetauscher wird sie dann mit Umgebungsluft oder industrieller Abwärme angewärmt und strömt endlich als Druckluft durch eine Turbine, die Strom erzeugt. Dabei kühlt sie sich wieder ab.
Man kann diese Kälte in Behältern speichern, die mit Kies gefüllt sind. Diese Kälte dient zum Vorkühlen bei der Luftverflüssigung im ersten Schritt. Wenn man diese Prozessschritte so kombiniert, steigt nämlich der Wirkungsgrad der Energiespeicherung auf mindestens 50. Weniger als bei den modernen Akkus – aber der Flüssigluftspeicher braucht kein Lithium, keine seltenen Metalle.
Die technischen Komponenten sind lange bekannt und erforscht. Die Speicherung geschieht bei Normaldruck über Tage und Wochen .