“Ich glaube nicht an die Inspiration”

Gitarrist Andres Angel erzählt im VN-Interview über die Musik und sein neues Album.
Sie sind in Medellin in Kolumbien geboren, haben in Spanien und am Vorarlberger Landeskonservatorium klassische Gitarre studiert. Wie kommt es, dass Sie in Vorarlberg studiert haben?
Angel: Ich liebte die Gitarre schon von frühester Kindheit an. Im Alter von zehn Jahren begann ich mit dem Studium am Konservatorium der schönen Künste in Medellin, meiner Heimatstadt, wo mir mein Onkel Unterricht gab. Einige Jahre später ist eine Tante von mir nach Vorarlberg gezogen. Sie hat mir vom Vorarlberger Landeskonservatorium erzählt. Meine Mutter erkannte mein Sehnen und sagte: „Wenn es dein Traum ist, dorthin zu gehen, dann geh.“ Also bin ich gegangen. Ursprünglich wollte ich nur ein Jahr in Österreich bleiben, aber inzwischen hatte ich zu hart dafür gearbeitet, also wollte ich weiterstudieren und habe dann auch mein Studium in Feldkirch abgeschlossen.
Sie haben sich ganz dem Flamenco verschrieben . . .
Angel: Ich habe mich immer schon der klassischen Gitarrenmusik gewidmet. Trotzdem habe ich nebenbei auch Elektrogitarre und etwas Flamenco gelernt. Während meiner Zeit in Vorarlberg bot sich mir die Gelegenheit, nach Sevilla zu reisen, wo ich meinen ersten Kontakt zur Flamenco-Kultur hatte. Es war für mich die Entdeckung einer neuen Welt. Durch eine zu hundert Prozent für dieses Instrument adaptierte Spielweise lassen sich Techniken und Effekte, die es nur im Flamenco gibt, realisieren. Ich war sofort begeistert und beschloss, mehr davon zu lernen. Durch meine Studien sowohl für klassische Gitarre als auch des Flamenco konnte ich mir viele Kenntnisse in beiden Fächern erwerben. Mit einer gewissen Sicherheit ausgestattet, wage ich es nun, meinen eigenen Stil zu suchen und meine Musik zu komponieren.
Flamenco ist eine sehr anspruchsvolle Kunstform. Wie oft/wie lange üben Sie?
Angel: Als junger Mensch stellte ich mir die Aufgabe, dieses Instrument zu beherrschen und mir nicht vom Instrument die Grenzen zeigen zu lassen. Der einzige Weg dorthin ist Üben bis es schmerzt. Während des Studiums am Konservatorium bekommt man sehr viele schwierige Musikstücke zu lernen. Also übt man täglich zwischen acht bis zehn Stunden, schwitzt und kämpft sich durch, bis es endlich gut klingt. Mit den Jahren werden zwar die Stunden des Übens nicht weniger, aber die Priorität ändert sich.
Sie komponieren auch, haben vergangenes Jahr das Album „Inflexiòn“ herausgebracht. Haben Sie alle Lieder darauf selber geschrieben?
Angel: Ja, alle Stücke darauf sind von mir. Ich denke, auf dieser CD befindet sich die musikalische Zusammenfassung meines bisherigen Lebens als Künstler und Mensch.
Was inspiriert Sie zu Ihrer Musik?
Angel: Es sind viele Dinge, die mir beim Komponieren helfen. Meine gegenwärtige Stimmung, meine Erlebnisse, die Improvisation. Eigentlich geht es darum, eine Geschichte zu erzählen und das, was mein Innerstes fühlt, mit meinen Fingern auf dem Instrument zum Klingen zu bringen. Ich persönlich glaube nicht an die Inspiration. Vielmehr glaube ich an die harte Arbeit, an das Üben und die ständige Selbstkritik.
Mit ihrem Album gastieren Sie demnächst dreimal in Vorarlberg. Dabei sind auch Tänzer und ein Sänger. Wie dürfen
wir uns Ihr Programm vorstellen?
Angel: Eigentlich bin ich Gitarrensolist, das ist meine Passion. Für die bevorstehende Tournee begleitet mich eine sehr gute Besetzung (ein Sänger, eine Tänzerin, ein Tänzer und ein Percussionist). Ich, bzw. wir werden mein neues Album „Inflexiòn“ präsentieren – neben neuen Sachen, die wir in den letzten Wochen erarbeitet haben.
Wie sehen Sie die Zukunft des Flamenco und was wünschen Sie sich persönlich für Ihre künstlerische Zukunft?
Angel: In Andalusien strebt man ständig danach, diese Musik mit großer Professionalität auf sehr hohem Niveau zu halten. International gibt es viele Künstler, die basierend auf dem, was sie in Spanien gelernt haben, Flamenco mit großer Leidenschaft in die Welt zu tragen. Ich glaube, mit der Zeit wird sich der Flamenco mehr ausbreiten und irgendwann werden wir auf der ganzen Welt Flamenco-Schulen finden. Ich werde inzwischen weiterarbeiten, üben und in mich hören, was mir meine Seele zu erzählen gibt.
Zur Person
Andres Angel
Geboren: 8. November 1979
Wohnort: Sevilla, Spanien
Familienstand: Single
Lebensmotto: Bleib dir treu bis zu deinem Lebensende
Andres Angel präsentiert sein Album „Inflexión“ am 5. Mai, 20 Uhr, Kult pur, Sonnenbergsaal in Nüziders. Am 6. Mai, 19.30 Uhr in der Remise in Bludenz (Charity-Veranstaltung des Kiwanis-Club) und am 10. Mai am Spielboden Dornbirn.
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