Musiktipps. Von Fritz Jurmann

KÜNSTLER Wiener Philharmoniker, Riccardo Muti
ALBUM Neujahrskonzert 2018
LABEL SONY Classical (2 CDs)
„Same procedure as every year?“ – Mitnichten, auch wenn der Silvester-Sketch und das Neujahrskonzert nur Stunden auseinander liegen. Gerade Riccardo Muti (76) hat heuer im fünften Anlauf wie wenige seiner Dirigentenkollegen zuvor den weltweiten Musikevent kräftig aufgemischt, vom Nimbus des ewig Gleichen befreit und ihm mit der Grandezza und Italianità des geborenen Opernkapellmeisters sein künstlerisches Profil verpasst. Zusammen mit der raffinierten Mischung aus Temperament und Melancholie, aus den berühmten kleinen wienerischen Schlampereien und zugleich höchster Präzision, wie sie die Philharmoniker dem ihnen seit 48 Jahren verbundenen Maestro auch diesmal zu Füßen legen, ergibt das ein farbenfrohes musikalisches Bukett, dem auch der Walzerkönig mit seiner unvergänglichen Musik in höchstmöglicher Qualität die Krone aufsetzt. Ein auch technisch brillant eingefangenes Klangfeuerwerk für Millionen.
KÜNSTLER Philharmonic Five
ALBUM Mission Possible
LABEL/VERTRIEB SONY Classical
Dieses Ensemble ist ein Beispiel dafür, welch wunderbare Solisten die Wiener Philharmoniker in ihren Reihen aufzuweisen haben, aus denen sich abseits des großen Kollektivs immer wieder auch reizvolle kammermusikalische Formationen ergeben und auch wieder umbilden. Zu den durch den Pausenfilm des Neujahrskonzertes 2017 berühmt gewordenen „Philharmonics“ gesellen sich nun die „Philharmonic Five“. Gründer und Kopf ist hier wie dort der Geiger Tibor Kovacs, der mit drei Kollegen aus dem Orchester und dem Kärntner Pianisten Christopher Hinterhuber ein Ensemble kreiert hat, das durch überschäumende Spielfreude und edle Klangkultur beeindruckt. Eine verwegene Programmvielfalt fordert die Kompetenz gestandener Wiener Philharmoniker auch ganz außerhalb der klassischen Norm und bei Filmmusik der eben 85 gewordenen Hollywood-Größen John Williams und Lalo Schifrin. „Großes Kopfkino in kleiner Besetzung“ für Feinspitze!
KÜNSTLER Arcadi Volodos, Klavier
ALBUM Werke von Johannes Brahms
LABEL SONY Classical
Mit dem Russen Arcadi Volodos meldet sich ein sozusagen lieber alter Bekannter aus Zeiten seiner gefeierten Schubertiade-Auftritte in Schwarzenberg seit dem Jahr 2000 zurück. Der einstige Heißsporn, der so wie später ein Lang Lang durch oft maßlos überzogene Tempi im virtuosen Repertoire glaubte Furore machen zu können, hat heute mit 45 Jahren seine Wandlung zur Verinnerlichung vollzogen. Seine neue CD mit ausgereifter Klaviermusik von Brahms ist ein gutes Beispiel dafür, ohne dass dabei die notwendige Spannung und aufregende pianistische Details auf der Strecke geblieben wären. So verbindet sich in diesen zart hingetupften, fast schwerelos scheinenden Capricci, Intermezzi und Stücken absolut kontrollierte Technik mit der Abgeklärtheit eines Künstlers, der um die Genialität dieser Musik Bescheid weiß, aber auch um deren tieferen Sinn, in dem Befindlichkeit und Meisterschaft des späten Brahms erkennbar werden.
KÜNSTLER Monika Tarcsay, Jessica Kuhn, Yuki Togashi
ALBUM „du“ – „Motions“ von Johannes W. Zincke
LABEL MAGAO Records
Der aus Ludesch stammende Komponist Johannes Wohlgenannt Zincke (58) hat als Pianist, Komponist und Querdenker Spuren im Land hinterlassen. Noch während seines Kompositionsstudiums bei Herbert Willi gründete er 1996 in Groß Gerungs ein Kunst- und Kommunikationszentrum, das zum Ausgangspunkt einer regelmäßigen Festivaltätigkeit mit Workshops für Neue Musik wurde. Innerhalb seiner eigenen Werke nimmt die 1990 begonnene Reihe „Motions“ als vielfältiger Ausdruck einer inneren und äußeren Bewegtheit einen besonderen Platz ein. Zwei der inzwischen 18 Teile für verschiedenste Instrumentengruppen finden sich in Neueinspielungen auf dieser CD, so M 4 (2005) mit Musikern des Vorarlberger ensemble plus und M 14, „du“, (2000) mit dem Komponisten am Klavier. Es sind ausdrucksstarke Belege einer eigenwillig fließenden Tonsprache, die auch vor lyrischen Assoziationen zur Waldviertler Landschaft nicht zurückschreckt.


