Ärztekammer will Landeskrankenkasse

Widerstand gegen eine mögliche Zentralisierung soll verschärft werden.
dornbirn Neuer Zündstoff für die Debatte um eine mögliche Zentralisierung der Gebietskrankenkassen: Die Vorarlberger Ärztekammer steigt jetzt mit der Forderung nach einer einheitlichen Landeskrankenkasse in den Diskussionsring. Das bestätigte Ärztekammervizepräsident Burkhard Walla auf VN-Nachfrage. Er mahnt bei den politisch Verantwortlichen die Rückbesinnung auf das bewährte Föderalismusprinzip ein. „Für Vorarlberg bedeutet eine Zentralisierung der Gebietskrankenkassen einen Verlust von 29 Millionen Euro“, argumentiert Walla und betont gleichzeitig: „Das Geld der Vorarlberger Versicherten muss unbedingt im Land bleiben.“
Gutes Einvernehmen
Eine Bündelung der Interessen in der Bundeshauptstadt würde nach Meinung von Burkhard Walla künftig gute Lösungen für die Patienten im Land verhindern, weil bei Verhandlungen nicht mehr die Sache im Vordergrund stehe. „Das haben die bisherigen Erfahrungen zur Genüge gezeigt“, merkt er verdrossen an. In den vergangenen Jahren habe sich in Wien ein regelrechter Reformstau gebildet. Von einer Steigerung der Effektivität könne durch eine Zentralisierung daher keine Rede sein. „Bei uns hingegen herrscht eine Zusammenarbeit, die sachliche Lösungen im Sinne der Patienten ermöglicht“, verweist Burkhard Walla auf das seit Langem bestehende gute Einvernehmen zwischen Ärztekammer, Gebietskrankenkasse und Land, das schon zahlreiche medizinisch sinnvolle Innovationen hervorgebracht hat.
Geht es nach den Vorstellungen der Ärztekammer, sollen alle im Land bestehenden Sozialversicherungsträger unter dem Dach einer Vorarlberger Landeskrankenkasse vereint werden. Das würde die beste, auf die Region abgestimmte Gesundheitsversorgung ermöglichen. Und Effizienz wäre auch gegeben. „Es macht doch keinen Sinn, die Gebietskrankenkassen, die 80 Prozent der Versicherten umfassen, in Wien in einem Wasserkopf zu zentralisieren und daneben alle kleinen Versicherungen, von den Bauern über die Beamten bis zu den Eisenbahnern, zu belassen“, wettert Walla. Ihre Aversion gegen eine Kassenzentralisierung hat die Vorarlberger Ärztekammer bereits früher kundgetan und Widerstand angekündigt. Nun hält Burkhard Walla den richtigen Zeitpunkt für gekommen, auf die Barrikaden zu gehen. Damit soll auch Landeshauptmann Markus Wallner im Bemühen, eine Zentralisierung zu verhindern, der Rücken gestärkt werden. Entwarnung kann laut Burkhard Walla jedenfalls noch nicht gegeben werden, was die Pläne der türkis-blauen Koalitionsverhandler in der Frage der Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger betrifft. „Es ist wichtig, dass die Länder für ihre Interessen einstehen“, betont er noch.
Nachteile für ländliche Gebiete
Denn auch die ländlichen Regionen sieht der Ärztekammervizepräsident im Nachteil, wenn etwa von Wien aus Planstellen vorgegeben werden, ohne die wirklichen Verhältnisse zu kennen. „Derzeit ist es so, dass Bürgermeister von betroffenen Gemeinden gemeinsam mit uns und der Gebietskrankenkasse eine individuelle Lösung suchen, um auch schwierige Stellen zu besetzen“, erläutert Burkhard Walla. Diese über Jahre gelebte Form der Kooperation stelle einen großen Wert für das heimische Gesundheitssystem dar. „Wir sind nahe an den Patienten und wissen, was sie brauchen“, führt Walla weiter ins Treffen. Präzise und schnörkellos auch die nächsten Worte: „Wir fordern Mut zu einer echten Reform, die den Patienten eine optimale Gesundheitsversorgung garantiert, gleichzeitig aber auch Forderungen an die Wirtschaftlichkeit und Zukunftsfähigkeit erfüllt. Dafür braucht es die Verantwortung der Länder.“ Das gute Einvernehmen zwischen den Systempartnern dürfe nicht aufs Spiel gesetzt werden.
Mit dem eigenwilligen Vorstoß für eine Landeskrankenkasse hofft die Ärztekammer, das politische Schiff noch in eine andere Richtung lenken zu können. VN-MM
„Das Geld der Vorarlberger Versicherten muss unbedingt im Land bleiben.“