Schockstarre nach Kuhattacke-Urteil

Tödlicher Vorfall in Tirol stürzt nach Schuldspruch auch heimische Älpler in ein großes Dilemma.
Bregenz Wenn am 7. März im Landwirtschaftlichen Bildungszentrum Hohenems die Vertreter der 500 Vorarlberger Alpen zusammentreffen, wird es vor allem ein Thema geben: Wie umgehen mit dem Urteil von Innsbruck? Dort hat ein Gericht jenen Landwirt zur Zahlung von 490.000 Euro verurteilt, auf dessen Alpe im Juli 2014 eine deutsche Touristin von mehreren Kühen zu Tode getrampelt wurde. Die Frau war damals mit ihrem Hund auf dem die Weide kreuzenden Wanderweg unterwegs, als die Tiere angriffen und sie töteten.
Bundesweites Aufsehen
Das erstinstanzliche Urteil – der Bauer geht in Berufung – sorgte österreichweit für großes Aufsehen. Es werden weitreichende Auswirkungen auf Weidewirtschaft und Tourismus befürchtet, sollte dieses Urteil halten.
Christoph Freuis (39), Geschäftsführer des Alpwirtschaftsvereines Vorarlberger räumt ein, “dass wir uns als Älpler nach diesem Urteil noch in Schockstarre befinden. Wir sind noch nicht in der Lage, mögliche Konsequenzen tatsächlich in Betracht zu ziehen”.
In Vorarlberg gibt es viele Alpen, auf denen sich Weideflächen mit Wanderwegen befinden. Und es gibt auch mehrere Alpen, die Mutterkühen mit ihren Kälbern als Sommerfrische-Platz dienen. Besonders Mutterkühe, die ihre Milch den Kälbern abgeben, können gefährlich werden. Meistens aber nur dann, wenn Wanderer mit Hunden ihre Weiden durchkreuzen. “Dann entwickelt die Kuh ihren ausgeprägten Schutzinstinkt und kann auf die Hunde, die in ihrer Wahrnehmung Wölfe sein könnten, losgehen”, erklärt Freuis.
Hunde weg von Alpen?
Es gebe mittlerweile viele Hunde, die kein natürliches Verhalten mehr zeigen. “Die sind wie Schoßhündchen und verstecken sich hinter ihren Herrchen oder Frauchen. Sie flüchten nicht und gefährden daher ihre Besitzer”, führt Freuis aus.
Wenn sich Hunde hinter ihren Besitzern verstecken, kann das sehr gefährlich werden.
Christoph Freuis, Geschäftsführer Alpwirtschaftsverein
Man könne als Alpwirtschaft für Hundehalter keine Verantwortung übernehmen, macht Freuis deutlich. Landwirtschaftskammerpräsident Josef Moosbrugger regt an, “in letzter Konsequenz ein Hundeverbot auf Alpen zu erlassen”. Moosbrugger befürchtet bei ähnlichen Vorfällen ruinöse Konsequenzen für betroffene Bauern.
Freuis betont, dass die tödliche Kuhattacke in Tirol ein besonders tragischer Fall sei. “Ich weiß auch, dass es für Angehörige in einer solchen Situation keinen Trost gibt. Aber wenn Bauern für solche Vorfälle trotz angebrachter Warnschilder verurteilt werden, dann stürzt uns das in ein großes Dilemma.”
Warten auf Berufungsurteil
Auch angedachte Einzäunungen würden ein großes Problem darstellen. “Da würde sich immer wieder die Frage stellen: Wo kann ich einzäunen, wo nicht? Wo liegt da die Grenze?”
Das von Moosbrugger vorgeschlagene totale Hundeverbot sieht Freuis schon eher als mögliche Maßnahme.
Vorerst wollen die heimischen Älpler jedoch auf das Urteil vom Berufungsgericht warten. Und darauf hoffen, dass dieses dann anders ausfällt.