“Hochmair, wo bist Du?

Kultur / 25.07.2025 • 13:50 Uhr
Philipp Hochmair
Das Buch ist ein Portrait aus Gesprächen, Analysen, Kurztexten und Bildern. Archiv Phillipp Hochmair

Ein Porträt über den Schauspielstar zwischen Exzess, Einsamkeit und Entgrenzung.

Wien In ihrer mit Gesprächen angereicherten Biografie nähert sich die Journalistin und Autorin einem der faszinierendsten Schauspieler der Gegenwart: Philipp Hochmair. Der 1973 geborene Wiener, der derzeit als „Jedermann“ bei den Salzburger Festspielen auf der Bühne steht, ist längst mehr als ein Theaterschauspieler – er ist ein Phänomen, ein Getriebener, ein Bühnenberserker. Von der Leyens Buch zeichnet das Bild eines Künstlers, der sich selbst konsequent zur Disposition stellt, um in der totalen Hingabe an die Rolle jene Wahrheit zu finden, die ihm das bürgerliche Leben versagt.

Philipp Hochmair
Hochmair, wo bist Du? Brandstätter Verlag

Der doppeldeutige Titel „Hochmair, wo bist du?“ ist einerseits eine Frage nach dem privaten Menschen hinter den ekstatischen Bühnenauftritten und andererseits eine Einladung zur Selbstvergewisserung eines Getriebenen. Hochmair ist kein Künstler der Kontemplation, sondern der Aktion. Er rast durch Städte, durch Texte, durch Beziehungen. Er ist ungreifbar, nie sesshaft, ein Mann mit einem radikal eigenen Zeitgefühl, der sich Freundschaften nur im Arbeitsprozess erlaubt und seine Identität in der Reibung mit Stoffen wie Werther, Hamlet oder Jedermann auflädt.

Philipp Hochmair
Archiv Phillipp Hochmair

Die Biografie gelingt, weil von der Leyen nicht urteilt, sondern beobachtet, beschreibt und aufzeichnet. Sie lässt Hochmair selbst sprechen und wechselt dabei zwischen Interviewpassagen, erzählerischen Strecken und Reflexionen über das, was ihn antreibt: die Suche nach Intensität, nach Entgrenzung und nach einer Form der Wahrhaftigkeit, die sich im Theater und nicht im Alltag ereignet. Seine Kindheit, geprägt von einer kühlen, leistungsorientierten Familie, wirkt wie die Folie für sein ständiges Ausbrechen und das Inszenieren eines anderen, freien Selbst.

Philipp Hochmair
Stephan Brückler

Eindrucksvoll ist die Darstellung seiner Soloarbeiten, allen voran „Jedermann Reloaded“, eine Rockperformance, in der Hochmair 20 Rollen verkörpert, sich schweißüberströmt und ekstatisch über die Bühne schleudert, unterstützt von seiner Band „Die Elektrohand Gottes“. Es ist diese Verschmelzung von Körper, Text, Musik und Erschöpfung, die seine Kunst so besonders macht. Und es ist das konsequente Entziehen im Privaten, das ihn zugleich entrückt. „Ich habe meine Abgründe“, sagt er einmal, „aber ich muss die nicht alle erzählen.“

Philipp Hochmair
Archiv Phillipp Hochmair

Was dieses Buch lesenswert macht, ist nicht nur der Blick hinter die Fassade eines gefeierten Schauspielers, sondern auch das Porträt eines Menschen, der sich jeder Normalisierung verweigert – nicht aus Pose, sondern aus innerer Notwendigkeit. Hochmair lebt nicht neben seiner Kunst – er ist sie. Wer verstehen will, warum seine Performances so elektrisierend wirken, findet hier die Antwort: Sie sind Ausdruck eines Lebens, das keine Ruhe, keine Norm und keine Kompromisse kennt.

Philipp Hochmair
Archiv Phillipp Hochmair

Katharina von der Leyen ist damit eine vielschichtige und atmosphärisch dichte Künstlerbiografie gelungen – ein Buch für alle, die sich für Theater als existenzielle Praxis interessieren. Und für jene, die spüren: Auch wenn Hochmair ständig unterwegs ist, ist er genau dort ganz bei sich.