Lyrik mit mythologischer Rätselhaftigkeit

Literaturpreisträger Tobias March besticht in seinem Lyrikband „Polymorpha“ mit Wortwitz.
Lyrikdebüt Literaturpreisträger Tobias March hat seinen ersten Lyrikband „Polymorpha“ im Verlag Edition fabrik.transit veröffentlicht. Seine Biologie-Prüfung inspirierte den 25-jährigen Fußacher. Unrühmlich blieb sie ihm in Erinnerung und das nicht nur, weil er gleich mehrere Anläufe für das Durchkommen nahm. Viel tiefer sitzt die Enttäuschung des angehenden Lehrers für Deutsch und Biologie, denn unter „Kenntnis heimischer Tiere“ waren seine Vorstellungen ganz andere. „Wir mussten die Bestimmungsschlüssel kennen, um Arten bestimmen zu können“, sagt March und zählt auf: „Grundlagen der Taxonomie, Merkmale wie Feder-, Fell-, Lebensraum- oder Verhaltensunterschied und so weiter.“

Doch der junge Mann, dessen Lebensstrategie lautet: „Nur schreibend kann ich die Welt verstehen!“ greift gleich zum Laptop und verarbeitet seine Kenntnisse in lyrische Miniaturen. Sprachlich setzt er dabei auf eine Mixtur aus vorarlbergerischem „rundumadum“, wienerischem „goscherl“ und Schriftsprache. Der 84 Seiten zählende Gedichtband teilt die Tier-Kategorien in „vier Zyklen“ ein. Den Kapitelanfang markieren Illustrationen. Bei den Säugetieren (Mammalia) ist es ein Widder, bei den Reptilien (Reptilia) eine Schlange, bei den Mollusken (Mollusca) eine Weinbergschnecke und bei den Amphibien (Amphibia) eine Kröte. Künstler Luka Ajkovic aus Hard zeichnet für die schwarzweißen Tierportraits verantwortlich. Auch das Cover, dessen Detailtiefe und Komplexität ein ganzes Universum umrahmt, zählt zu seinen Werken. Der Betrachter ist so auf den ersten Blick zu einer Entdeckungsreise eingeladen, ganz im Kontext der Verschmelzung von Tier und Mensch. Passender hätte die Ummantelung nicht sein können.

March schafft eine enge Verbindung zur Mythologie, tastet sich an das Chimärische heran, verbleibt aber im Spannungsfeld der Rätselhaftigkeit. Wie viel Animalisches trägt der Mensch in sich und wie menschlich sind Tiere, die uns umgeben? Dies bleibt dem Lesenden selbst zu beurteilen. Die Lust obliegt dem Spiel. Das scheue Herantasten an die begehrliche Liebe, das Kokettieren mit der Sinnlichkeit belässt der Autor in der Symbolik der Unbefangenheit. Keine Metamorphose, nur Andeutungen in einer bildhaften Sprachästhetik, die nachklingt. Dazu pointierter Wortwitz kombiniert mit kreativen Wortschöpfungen. Kurz: ein purer Genuss.
Der angehende Lehrer widmet sich seit seinem zwölften Lebensjahr dem Schreiben. Neben Deutsch und Biologie sowie dem Zweitstudium Germanistik an der Universität Wien absolvierte er den Ausbildungslehrgang zum Schreibpädagogen. Seither unterrichtet March kreatives Schreiben an den VHS und gibt Weiterbildungsworkshops zum Thema kreatives Schreiben für Lehrende in Wien und Vorarlberg und bietet Kreatives Schreiben für Kinder und Erwachsene an. March erhielt den Erika-Danneberg-Preis für Essayistik, den Jugendprojektwettbewerbspreis des Land Vorarlberg für Guerilla Books 2022 und Mikrohörspiele 2023 sowie 2025 den Literaturpreis des Landes Vorarlberg. CRO