Top-Medienmanager im Ausland: Gerhard Zeiler ist 70

Ticker / 20.07.2025 • 06:30 Uhr
Top-Medienmanager im Ausland: Gerhard Zeiler ist 70

Bei ihm kann man es zweifellos behaupten: Gerhard Zeiler ist Österreichs Top-Medienmanager im Ausland. Wer sonst hat schon die Verantwortung für Marken wie Warner Brothers, HBO, CNN oder auch Discovery in über 220 Märkten weltweit zu tragen? Als President International bei Warner Bros. Discovery tritt Zeiler als unermüdlicher Manager in Erscheinung. Am Sonntag feiert der Ex-ORF- und -RTL-Chef, der wiederholt für die SPÖ-Spitze ins Spiel gebracht wurde, seinen 70. Geburtstag.

Fad wird Zeiler nicht. Zwei Wochen im Monat verbringt er in den USA – meistens in New York -, mehrere Tage findet man ihn in London, an anderen Tagen wo er eben gerade gebraucht wird, und wenn er mal etwas Zeit zum Ausspannen hat in Österreich – genauer in Salzburg. Das Wochenende dort ist für ihn “Erholung pur”, sagte er im Juni in einem “Standard”-Podcast-Interview. “Emotion pur” hat dagegen großes Fernsehen zu sein. Kern des Geschäfts sei es, bessere Geschichten als die Konkurrenz zu erzählen. Dabei listet er aus dem eigenen Hause etwa “House of the Dragon” oder “The Last of Us” auf. Mit der Neuverfilmung der Harry-Potter-Bücher von J.K. Rowling im Serienformat (eine Staffel pro Buch) wartet schon das nächste Highlight. “Wenn das aufgeht, wird es ein sehr starkes Argument dafür sein, HBO Max zu buchen”, glaubt Zeiler.

Wenige Plätze am globalen Streamingtisch

Das ist insofern wichtig, als von der gegenwärtigen Vielzahl an Streaminganbietern nicht alle übrig bleiben werden. Zeiler schätzt, es werden vier bis fünf, die sich im globalen Wettbewerb durchsetzen. Neben Netflix, Amazon Prime und Disney+ hat der Jubilar vor, mit seinem Arbeitgeber dabei zu sein. Und dass er das dann noch erlebt, ist im Bereich des Möglichen. Sein Vertrag läuft bis 2028. Und: “Der Job macht mir nach wie vor sehr viel Spaß.” Er lerne jeden Tag und denke nicht daran, aufzuhören. Also widmet er sich weiterhin der Transformation vom linearen zum digitalen Streamingfernsehen – und das in der richtigen Geschwindigkeit. “So schnell wie möglich, so langsam wie notwendig”, wie er betont.

Zeiler wurde gemeinsam mit seinem Zwillingsbruder am 20. Juli 1955 in Wien-Ottakring geboren. Nach der Matura schrieb er sich an der Universität Wien u.a. für Psychologie ein. Er brach das Studium ab und bereute es nie, wie er später sagte. Über die Sozialistische Jugend landete er beim SPÖ-Pressedienst. 1979 wechselte er ins Kabinett des damaligen Unterrichtsministers und späteren Bundeskanzlers Fred Sinowatz, als dessen Pressesprecher er bis zum Rückzug Sinowatz’ diente. In diesen sechs Jahren habe er “enorm viel gelernt”, er habe lernwillig und -fähig sein müssen. 1986 übernahm er diese Funktion auch kurz bei Sinowatz’ Nachfolger Franz Vranitzky, wechselte aber bald in Richtung Medien und wurde ORF-Generalsekretär.

Dabei war ihm unter Generalintendanten Teddy Podgorski etwa die Personal-, Rechts- und Kommunikationsabteilung unterstellt und führte er Betriebsverhandlungen. Diese Funktion wollte er auch unter Podgorskis Nachfolger Gerd Bacher übernehmen, was ihm jedoch verwehrt wurde. Zeiler ging daraufhin zum ersten Mal ins Ausland und arbeitete für die deutschen Sender Tele 5 und RTL II. Für ihn war es aber klar, zum ORF zurückkehren zu wollen und das öffentlich-rechtliche Medienhaus zu führen.

ORF unter Generalintendant Zeiler

Das sollte 1994 so auch kommen. Er wurde mit Unterstützung der SPÖ ORF-Generalintendant. Zeiler verpasste dem öffentlich-rechtlichen Sender eine grundlegende Reform. ORF 1 und ORF 2 wurden für unterschiedliche Zielgruppen neu positioniert, der 24-Stunden-Sendebetrieb und das Starprinzip eingeführt. Unter Zeiler lancierte man TV-Formate wie “Am Schauplatz”, “Thema”, die Vorabend-Schiene “Willkommen Österreich” oder die “Mitternachts-ZiB”. Und die ORF-Radios wurden mit dem Relaunch von Ö3 und dem Start von FM4 auf den Eintritt der privaten Konkurrenz vorbereitet. Beim Publikum kamen die Veränderungen an, die Seher- und Hörerzahlen stiegen in lichte Höhen. Die Verbreiterung des Angebots sowie die zunehmende Quotenorientierung brachten Zeiler freilich den Vorwurf der Boulevardisierung und Kommerzialisierung ein.

1998 wechselte Zeiler – von Politik und Kritik in Österreich zunehmend genervt – zum deutschen Privatsender RTL, machte den Sender mit ähnlicher Programmstrategie zum stärksten deutschen TV-Anbieter, erklomm die Karriereleiter bis zur Führung der gesamten in Luxemburg ansässigen RTL-Group und sorgte dort Jahr für Jahr für Rekordgewinne. Auch in den Vorstand des Mehrheitseigentümers Bertelsmann zog der RTL-CEO ein. 2010 zeichnete ihn die US-Fernsehvereinigung NATPE als ersten Nichtamerikaner zum TV-Manager des Jahres aus.

Doch keine Rückkehr zum ORF

2011 lotete Zeiler eine Rückkehr nach Österreich aus. Er überlegte eine neuerliche Kandidatur für den Posten des ORF-Generaldirektors und hätte auch mit etlichen Stimmen von ÖVP, FPÖ und SPÖ-nahen Stiftungsräten im obersten ORF-Gremium rechnen können. SPÖ-Parteichef Werner Faymann präferierte allerdings den amtierenden ORF-Chef Alexander Wrabetz, und Zeiler sagte in letzter Minute ab. Begründung: Schon nach wenigen Gesprächen habe er erkannt, dass es “Teilen der Politik nicht darum geht, wer das Unternehmen am besten führen kann, sondern, wer willfährig parteipolitische Personalwünsche umsetzt”, so Zeiler einst.

2012 schied Zeiler schließlich bei RTL aus und heuerte bei der Time Warner-Tochter Turner an. Luxemburgs damaliger konservativer Premierminister Jean-Claude Juncker, der später die EU-Kommission leitete und Zeiler einen “Freund” nennt, zeichnete den Fernsehmacher zum RTL-Abschied mit dem höchsten luxemburgischen Landesorden aus. Bei Turner managte Zeiler die internationalen Fernsehaktivitäten auf drei Kontinenten.

Den Kontakt zur SPÖ hat das sozialdemokratische Urgestein während seiner internationalen Medienkarriere nie abreißen lassen. So wurde er 2016 intensiv als Nachfolger von Werner Faymann an der Spitze der Partei gehandelt. Alles lief auf ein Duell zwischen ihm und Christian Kern hinaus. Zeiler zog aber zurück, weil er nicht für eine Kampfkandidatur zur Verfügung stehen wollte. 2019 veröffentlichte er das Buch “Leidenschaftlich Rot”, worin er bekräftigt, dass es die Sozialdemokratie weiter brauche, und skizziert, welche Perspektiven die Partei habe.

Weitere Schritte auf der Karriereleiter

Bald machte Zeiler weitere Karriereschritte. Er stieg zum weltweiten Vertriebschef von WarnerMedia auf und wenige Jahre später (2022) zum President International bei Warner Bros. Discovery – seiner jetzigen gewichtigen Funktion. Seitdem ist Zeiler aber nicht aus der Welt, er teilt seine Ansichten zum Branchengeschehen auch hierzulande immer wieder bei Branchenveranstaltungen. So zeigte er sich etwa bereits 2022 bei den Österreichischen Medientagen sicher, dass an einer ORF-Haushaltsabgabe kein Weg vorbeiführe. Nur werde man sie anders nennen, meinte er – und behielt damit recht.