US-Notenbank lässt Leitzins unverändert auf 22-Jahres-Hoch

Ticker / 01.11.2023 • 21:22 Uhr

Die US-Notenbank Fed lässt den Leitzins trotz der weiterhin hohen Inflation erneut unverändert. Die Zinsspanne bleibt damit zwischen 5,25 und 5,5 Prozent, wie die Fed am Mittwoch in Washington mitteilte. Das ist das höchste Zinsniveau seit 2001 und damit seit 22 Jahren.

Im Kampf gegen den starken Anstieg der Verbraucherpreise hat die Zentralbank den Leitzins seit März 2022 elf Mal angehoben. Nach zehn Anhebungen in Folge gab es im vergangenen Juni eine erste Zinspause, im Juli dann eine erhöhte Anhebung und im September wieder einen unveränderten Leitzins. Nun setzten die Währungshüter erneut auf einen gleichbleibenden Leitzins.

Laut US-Notenbankchef Jerome Powell stellt sich aber weiterhin die Frage, ob das Zinsniveau noch steigen muss. Die Notenbank werde dabei das große Konjunkturbild betrachten und anhand der Daten entscheiden, wie es weitergehe: “Die Frage nach Zinssenkungen stellt sich derzeit einfach nicht”, fügte Powell hinzu.

Die Inflation hatte in den USA wegen der Auswirkungen der Corona-Pandemie und des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Juni 2022 ein 40-Jahres-Hoch von 9,1 Prozent erreicht. Die Teuerungsrate ging in der Folge deutlich zurück und lag zuletzt zwei Monate in Folge bei 3,7 Prozent. Die Fed verfolgt langfristig das Ziel einer Inflationsrate von zwei Prozent, will aber nicht mit zu starken Leitzinserhöhungen die Konjunktur abwürgen.

Bereits nach dem Zinsentscheid hatte sich an den Terminmärkten die Erwartung verstärkt, dass die Notenbank die Zinsen auch auf der nächsten Sitzung im Dezember konstant halten dürfte und somit der Gipfelpunkt erreicht ist. Erste Zinssenkungen könnten diesen Spekulationen zufolge Mitte nächsten Jahres einsetzen. Aussagen Powells nach dem jüngsten Zinsentscheid gaben der Wall Street einen zusätzlichen Schub. Der Fed-Chef signalisierte erneut, dass die Fed nach ihrer aggressiven Erhöhungsserie nun vorsichtiger agieren könne.

Ein Grund dafür ist, dass sich die Finanzierungsbedingungen verschärft haben. Damit bewegen sich die Finanzmärkte bereits in die von der Fed gewünschten Richtung. Die Notenbank will die Wirkung ihrer bisherigen Zinsschritte beim weiteren geldpolitischen Vorgehen berücksichtigen. Die Währungshüter sind sich dabei bewusst, dass die Zinserhöhungen Wirtschaft und Inflation mit Verzögerung beeinflussen. “Die volle Wirkung unserer Straffungen muss erst noch greifen”, betonte Powell.

Ob noch ein weiterer Zinsschritt nach oben kommen wird, ist auch vor diesem Hintergrund ungewiss. In ihrem im September aktualisierten Ausblick hatten die Währungshüter eine weitere Anhebung um einen viertel Prozentpunkt für dieses Jahr ins Auge gefasst. Powell sagte dazu, dass dies eine Momentaufnahme gewesen sei. Doch lasse deren Aussagekraft nach, während die Fed auf die nächste Sitzung im Dezember zusteuere, auf der ein aktualisierter Ausblick anstehe.

Der Zentralbankchef signalisierte zugleich, dass die Währungshüter der Notwendigkeit eines strafferen geldpolitischen Kurses nicht mehr so hohe Dringlichkeit beimessen wie zuvor. In der Risikoabwägung, die Zügel zu wenig oder zu stark anzuziehen, sei nun ein besseres Gleichgewicht erreicht. Die hohe Inflation hält sich allerdings hartnäckig und gibt der Zentralbank noch keinen Grund zur Entwarnung.

“Die Fed lässt ihre Zinspfeile im Köcher, ist aber jederzeit bereit, noch einen abzuschießen. Bisher ist das Inflationsrisiko nicht gebannt”, so die Einschätzung von Ökonom Bastian Hepperle von der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank. Trotz der straffen Linie der Notenbank hatte die US-Wirtschaft ihr Wachstum im Sommerquartal mehr als verdoppelt. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) legte von Juli bis September aufs Jahr hochgerechnet um 4,9 Prozent zu. Die Fed spricht von einem “starken Tempo”. Powell wies jedoch darauf hin, dass dies Prognosen zufolge wohl nicht so bleiben werden. “Kommt es so wie erwartet, dass sich das Wachstum in den kommenden Monaten merklich abkühlt, ist das Zinshoch erreicht. Im kommenden Jahr dürften dann Zinssenkungen ins Visier kommen”, sagte Chefvolkswirt Thomas Gitzel von der VP Bank.