Wiener Ermittler fahnden nach Rip-Deal-Betrüger

Ticker / 17.07.2025 • 13:24 Uhr

Die Wiener Polizei hat Fotos und Informationen zu einem mutmaßlichen Rip-Deal-Betrüger veröffentlicht. Der 37-Jährige soll einem Industriellen aus Westösterreich im Jahr 2022 40 Bitcoins gestohlen haben. Damals waren diese rund 815.000 Euro wert, heute sind es rund vier Millionen. Der Verein der Freunde der Wiener Polizei hat für Hinweise, die zur Ergreifung des Mannes führen, eine Belohnung über 3.000 Euro ausgelobt, berichteten die Ermittler Medienvertretern am Donnerstag.

Der serbische Staatsbürger soll sich als israelisch-luxemburgischer Investor ausgegeben und den österreichischen Industriellen kontaktiert haben. Dieser hatte im August 2022 über eine Crowdfunding-Plattform nach Kapitalgebern für eine geplante Erweiterung seiner Immobilienprojekte in den Osten Österreichs gesucht, berichtete Valentin Szaga-Doktor, Ermittler der Rip-Deal-Unit Vienna. Wochenlang blieben Verdächtiger und Opfer in Kontakt – schließlich kam es zu zwei Treffen, erst im spanischen Malaga, später in Paris in Frankreich. Der vermeintliche Investor soll angegeben haben, 80 Millionen Euro investieren und das Geschäft in der Kryptowährung Bitcoin abwickeln zu wollen.

Zugang zu Krypto-Wallet ausgespäht

Bei sogenannten Rip-Deals geben sich Tätergruppen als wohlhabende Geschäftsleute oder Investoren aus. Bei klassischen Rip-Deals täuschen sie vor, Luxusgüter wie Uhren, Autos, Immobilien, Goldmünzen oder -barren kaufen zu wollen. Vor dem Deal stellen die Verdächtigen Vertrauen zu den Opfern her. Für das vermeintliche Geschäft werden die Betroffenen oft ins Ausland eingeladen – in teure Hotels und Restaurants, berichteten die Wiener Ermittler. Tatsächlich gehören die Täter kriminellen Clans, hauptsächlich aus dem Westbalkan, an. Bezahlt werden die Deals dann mit Falschgeld – oder die Opfer werden bestohlen. Gerald Goldnagl, Chefinspektor der Wiener Rip-Deal-Unit, bezeichnete das Delikt am Donnerstag als “Königsdisziplin des Betrugs”.

Immer häufiger handelt es sich mittlerweile aber um “Rip-Deals 2.0”, bei denen die Clans die Zugänge zu Krypto-Wallets ihrer Opfer ausspähen und sich so Zugriff darauf verschaffen. So war es auch im Fall des österreichischen Industriellen: Gemeinsam mit einem vermeintlichen Neffen des “Investors” habe das Opfer dann beim Treffen in einem Pariser Nobelrestaurant ein Krypto-Wallet eingerichtet. Bei dieser Gelegenheit müsse es den mutmaßlichen Betrügern gelungen sein, unbemerkt an die Zugangsdaten der virtuellen Geldbörse heranzukommen. Als der Betroffene nach dem Treffen wieder zurück in Österreich war, wollten die Verdächtigen, dass er 40 Bitcoins in das Wallet lädt – als Kapitalnachweis. Obwohl der Österreicher gleich danach einen Rücküberweisungsauftrag erteilte, schaffte es der Betrüger, die Bitcoins zu stehlen.

3.000 Euro ausgelobt

Das Opfer erstattete Anzeige in Salzburg. Aufgrund von parallelen Ermittlungen der Rip-Deal-Unit sowie einem ähnlichen Fall in Portugal kamen die international vernetzten Polizisten auf einen Clan mit Niederlassungen in Frankreich, Deutschland und Österreich. Im Rahmen der “Operation MEDE 2” konnte die Wiener Einheit gemeinsam mit Europol, dem österreichischen Bundeskriminalamt, dem Bundeskriminalamt Wiesbaden in Deutschland, dem Kriminalreferat des Stadtpolizeikommandos Salzburg sowie Gruppen aus Frankreich und Spanien den 37-jährigen Verdächtigen ausforschen.

Hinweise werden – auch anonym – vom Landeskriminalamt Wien, Außenstelle Zentrum-Ost, Rip-Deal-Unit Vienna, unter der Telefonnummer 01 31310 62510 entgegengenommen. Der Verein der Freunde der Wiener Polizei hat eine Belohnung über 3.000 Euro ausgelobt.

Betrug in digitaler Welt angekommen

Die Rip-Deal-Unit Vienna wurde vor fünf Jahren, im Mai 2020, eingerichtet. Sie befasst sich mit den betrügerischen Deals in der Bundeshauptstadt und unterstützt österreichweit wie auch international. Seit dem Jahr 2020 haben die Sonderermittler hierzulande in mehr als 100 Rip-Deal-Fällen ermittelt, die Aufklärungsquote liegt bei 80 Prozent, wie die Ermittler am Donnerstag berichteten. Zudem assistiere die Einheit ausländischen Diensten und habe im Rahmen dessen 131 Fälle geklärt und 180 Täter ausgeforscht. Ziele der Gruppe seien, Organized Crime Groups zu bekämpfen, internationale Zusammenhänge festzustellen und Präventionsmaßnahmen zu setzen, sagte Martin Roudny, Leiter der Außenstelle Zentrum-Ost vom LKA Wien.

Mittlerweile seien die Rip-Deals in der digitalen Welt angekommen: Etwa zwei Drittel bis drei Viertel der “Vollendungen” der Fälle seien heute Betrügereien mit Kryptowährungen, sagte Szaga-Doktor. Besonders sei daran, dass die Opfer nicht mehr in “Vorleistung gehen müssen”. Die vermeintlichen Investoren suggerieren ihnen, dass ein Nachweis auf Krypto-Wallets ausreicht, damit ein Teil des Investments überwiesen wird. Hinzukomme laut Mario Kaintz, einem weiteren Ermittler der Einheit, dass die Marge bei Krypto-Betrug viel höher sei. Dadurch, dass kein Falschgeld mehr im Spiel ist, falle für die Ermittler zudem ein wesentlicher Pfad der Spuren weg – Stichwort DNA-Spuren.