Zeuge im Grasser-Prozess widerspricht Meischberger

Ticker / 19.11.2019 • 15:39 Uhr

Im sogenannten Grasser-Prozess hat sich Richterin Marion Hohenecker am Dienstag erneut auf die Spur des Geldes der Buwog-Provision in Höhe von 9,6 Millionen Euro begeben. Der heutige Zeuge, ein damaliger Berater der Hypo Investment Bank in Liechtenstein, sagte dabei aus, dass das Konto “Karin” dem mitangeklagten Makler Ernst Karl Plech gehörte: “Der Kontoinhaber von ‘Karin’ war der Herr Plech.”

Er widerspricht damit der Aussage des mitangeklagten Ex-FPÖ-Generalsekretärs Walter Meischberger, der der wirtschaftlich Berechtigte dieses Kontos gewesen sein will. Der Bankberater sagte, beim Konto “Karin” habe es keine Treuhandschaft gegeben. Nur Kontoinhaber und Zeichnungsberechtigte hätten Zugriff auf ein Konto. Im Fall von “Karin” waren dies Plech und seine Ehefrau Karina. Im Todesfall wäre das Vermögen auf “Karin” an den Sohn der beiden übergegangen, ist ebenfalls in den Kontounterlagen vermerkt. Meischberger ist nicht erwähnt.

Wem “Karin” gehört, ist ein wesentlicher Punkt dieses Untreue-Prozesses. Laut Meischberger gehört das Konto ihm, auch wenn er in den Kontounterlagen nirgends offiziell aufscheint. Laut Anklage ging das Geld aus der Buwog-Provision auch an Plech – als Teil einer “Viererbande” aus Meischberger, Plech, dem erstangeklagten Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und dem mitangeklagten Lobbyisten Peter Hochegger. Demnach sollen die vier gemeinsam bei der Bundeswohnungsprivatisierung Schmiergeld kassiert haben – was die Angeklagten bestreiten, nur Hochegger hat ein Teilgeständnis abgelegt.

Dass Meischberger mit Plech bei Bankgeschäften gemeinsam aufgetreten ist, wie der Ex-FPÖ-Generalsekretär vor Gericht ausführte, hat der Zeuge nicht bemerkt. “An das kann ich mich nicht erinnern”, sagte er zu Hohenecker.

Die Richterin ging mit dem Zeugen am Dienstag auch Belege zu einem Konto “Roca1” durch, das von der Familie Plech schon Jahre vor “Karin” eingerichtet wurde. Im Gegensatz zu einigen Belegen, die in den vergangenen Gerichtstagen vorgelegt wurden, waren diese umfangreich ausgefüllt. Bei der Schließung des Kontos “Roca1” im November 2005 heißt es in den Unterlagen, dass der Restbetrag auf das zu dieser Zeit eröffnete Konto “Karin” einbezahlt werden soll.

Der Zeuge schilderte Richterin Marion Hohenecker, wie er das 2005 eröffnete Konto “Karin” betreute und drei bis vier mal an Ernst Plech in Wien Geld übergeben habe – in bar. Auch die Einzahlungen auf das Konto seien in bar erfolgt – aus Gründen der Diskretion.

Er erklärte den Weg des Geldes, das seines damaligen Wissens nach aus Provisionen von Immobiliengeschäften in Osteuropa kam. Tatsächlich waren es aber die Millionen aus der Provision bei der Bundeswohnungsprivatisierung in Österreich. Diese flossen zunächst auf ein Konto der zypriotischen Gesellschaft Astropolis, die Peter Hochegger gehörte. Von dort ging das Geld auf ein Konto der US-Gesellschaft Omega bei der HIB Liechtenstein, wurde in der Bank bar abgehoben und bar wieder eingezahlt – ein Drittel auf das Konto “Karin”, ein Drittel auf das Konto “Natalie” von Walter Meischberger und ein Drittel ging auf das Konto 400.815, das die Anklage dem Hauptangeklagten Karl-Heinz Grasser zurechnet – was Grasser, Meischberger und Plech dementieren. Laut Meischberger haben alle drei Konten ihm gehört.

Die Gesellschaften Omega und Astropolis, über die das Geld floss, seien “Sitzgesellschaften” gewesen, ohne eigene Tätigkeit, sagte der Zeuge. Das Service der Omega sei, dass mit einem Gewinnabschöpfungsvertrag das Geld nach Liechtenstein komme und bar weitergegeben werde. “Warum bar?” wollte die Richterin wissen. “Aus Diskretionsgründen, wenn es bar ist haben Sie immer eine Schnittstelle”, so der ehemalige Bankberater. “Das hat man früher öfters so gemacht.” Die HIB war damals eine hundertprozentige Tochterbank der Hypo Vorarlberg, im Eigentum des Landes Vorarlberg.

Das Konto “Karin” ist im Prozess deswegen so brisant, weil Meischberger angibt, es sei in Wahrheit sein Konto – obwohl er nicht auf den Kontoeröffnungsunterlagen aufscheint. Als im September 2009 durch Medienberichte die Buwog-Millionenprovision bekannt wurde, habe Meischberger seinen Kollegen, Bankberater W., angerufen und ihm erstmals die wahre Herkunft der Gelder erläutert, so der Zeuge. Bei einer anschließenden Besprechung in der HIB Liechtenstein, an der er aber nicht teilnahm, habe es geheißen, dass das Konto “Karin” wegen eines Bankfehlers falsch deklariert war und eigentlich Meischberger gehört hätte. Das habe ihm sein Kollege W. berichtet.

Die Richterin fragte den Zeugen dann zu einem von Hochegger behaupteten, vom Bankberater W. aber dementierten Vorfall zwischen diesen beiden. Laut Hochegger habe ihm W. bei einem Besuch in Wien einen Zettel gezeigt, wonach das Geld aus Zypern auf drei Konten in Liechtenstein gehe – eines von Meischberger, eines von Plech und eines von Grasser. Er wisse nichts davon und W. habe sich “maßlos aufgeregt”, als er vor zwei Jahren von dieser Aussage Hocheggers gehört habe, so der Zeuge. W. habe sich auch 2009 sehr aufgeregt, als er gehört habe, dass das Geld nicht aus Geschäften in Osteuropa, sondern aus Österreich komme. Das sei eine “Schweinerei”, habe W. gesagt.