Leserbrief: Geburt ist mehr als ein medizinischer Vorgang

Leserbriefe / HEUTE • 11:45 Uhr
Leserbrief: Geburt ist mehr als ein medizinischer Vorgang

Die geplante Schließung der Geburtenstation in Bludenz ab 2026 wird offiziell mit medizinischen Gründen und Personalmangel begründet. Doch diese Erklärungen lassen einen entscheidenden Aspekt außer Acht: Geburt ist nicht nur ein medizinisch-technischer Vorgang, sondern ein zutiefst persönliches, sensibles Lebensereignis. Wirkliche Sicherheit in der Geburtshilfe bedeutet nicht nur moderne Ausstattung oder die Nähe zur Intensivstation. Sie braucht vor allem Zeit, Geduld und individuelle Eins-zu-eins-Betreuung – genau das droht in überlasteten Großkliniken verloren zu gehen. Standardisierte Abläufe und hohe Interventionsraten können zu belastenden Geburtserfahrungen führen – mit langfristigen Folgen für die psychische und körperliche Gesundheit von Mutter und Kind. Deshalb warnt auch der Deutsche Hebammenverband in einem Positionspapier ausdrücklich vor der fortschreitenden Zentralisierung der Geburtshilfe. Wenn vor allem auf Expert:innen gehört wird, die auf Pathologien spezialisiert sind, geraten die Perspektiven der Hebammen – Fachfrauen für die gesunde, physiologische Geburt – ins Hintertreffen. Ein so einseitiger Zugang ist weder fachlich noch gesellschaftlich verantwortbar. Gute Geburtshilfe ist gelebte Primärprävention: Sie stärkt das Vertrauen in den eigenen Körper, schützt vor späteren Gesundheitsproblemen – und zahlt sich auch ökonomisch aus. Kleine, wohnortnahe Stationen wie Bludenz leisten hier einen unverzichtbaren Beitrag. Ihre Schließung ist ein gesellschaftlicher Rückschritt, volkswirtschaftlich kurzsichtig und den Betroffenen gegenüber unfair.

Anka Dür, Hannah Gabriel, Natalie Gmeiner, Olivia Grassl, Birgit Kalb, Sophie Kindler, Hanna Naphegyi, Brigitta Soraperra, Manon Wallenberger, IG Geburtskultur a–z, Feldkirch