Leserbrief: Wenn Status und Selfies wehtun – über den leisen Druck des Narzissmus

WhatsApp-Status und Instagram-Stories sind allgegenwärtig. Urlaubsbilder, neue Markenklamotten, aufregende Wochenenden – geteilt mit einem Klick. Und fast immer das Selfie dazu, Symbol einer Kultur der Selbstverliebtheit. Für die Ersteller wirkt das harmlos, für viele andere Familien jedoch nicht. Kinder vergleichen sich unaufhörlich. Sehen sie nur Luxus, Abenteuer und perfekte Selbstdarstellung, fühlen sie sich minderwertig. Das eigene Leben erscheint plötzlich langweilig, weniger wert. Eltern, die diese Wünsche nicht erfüllen können oder wollen, geraten in Bedrängnis. Am Küchentisch kommen Fragen, die wehtun: “Warum dürfen die anderen, nur wir nicht?” Daraus entstehen Streit, Frust – und das Gefühl, als Eltern zu versagen. Viele Mütter und Väter geben ihr Bestes, mit Liebe und Einsatz. Trotzdem lässt die Scheinwelt der Statusmeldungen sie zweifeln. Selfies und Statussymbole nähren einen unterschwelligen Narzissmus, zeichnen ein verzerrtes Bild von Normalität und grenzen andere aus. Dabei hat jede Familie ihre Sorgen – auch jene, die scheinbar alles teilen. Darum sollten wir uns fragen: Muss wirklich jedes Bild ins Netz? Viel schöner ist es, Erlebnisse achtsam zu erzählen, wenn wir uns treffen – wenn echtes Interesse besteht. So entstehen Nähe, Respekt und echte Verbindung.
Otto Bechter, Dornbirn