“Die Essenzen kommen aus dem Wald” – Wie Gourmetköche ein ganzes Dorf erobern

14.11.2025 • 12:12 Uhr
"Die Essenzen kommen aus dem Wald" – Wie Gourmetköche ein ganzes Dorf erobern
Joschi Walch ist Gastwirt, Hotelier und auch Autor. Er entdeckt ständig Neues.VN/DJSHOM

Haubenköche haben in Lech am Arlberg nicht nur die Hoteldestinationen geprägt, sondern eine neue Genusskultur etabliert.

Lech Der Arlberg ist längst nicht nur für seine Pisten bekannt, sondern auch für seine Küchen. Gleich drei Lecher Betriebe wurden erneut mit vier Hauben im Gault-Millau ausgezeichnet: die Rote Wand, das Vitalhotel Burg Oberlech und das Hotel Aurelio.

Alpine Aromen und kreative Köpfe

In der Roten Wand Lech-Zug wird Kulinarik zur Wissenschaft. Gastgeber Joschi Walch spricht lieber von Denkarbeit als von Alchemie: “Wir erzeugen unsere alpinen Geschmäcker selbst – das ist unglaublich.” In seinem kulinarischen Labor entstehen Bärlauch- und Wacholderessig, eingelegte Pfifferlinge oder fermentierte Wurzeln. “80 Prozent der Zutaten stammen aus einem Umkreis von weniger als 80 Kilometern.” Hummer oder Trüffel? Fehlanzeige – stattdessen Wild, Kalb und Fisch aus Vorarlberg. “Wir wollen zeigen, was unser Land kann. Gute Küche ist eine Frage der Haltung”, so der Hotelier.

Internationale Einflüsse treffen hier auf alpine Bodenständigkeit. “Unsere Mitarbeiter kommen aus Asien, Skandinavien oder Frankreich – jeder bringt neue Geschmäcker mit”, sagt Walch und macht kein Geheimnis daraus, die fünfte Haube anzustreben.

"Die Essenzen kommen aus dem Wald" – Wie Gourmetköche ein ganzes Dorf erobern
In der Roten Wand werden regionale Schätze eingelegt und fermentiert.VN/DJSHOM

Handwerk und Herz im Vitalhotel Burg Oberlech

In der Griggeler Stuba des Vitalhotels Burg Oberlech regieren die Zwillingsbrüder Sebastian Jakob als Küchenchef und Benedict Jakob als Executive Chef. Gemeinsam mit Annika Beutel, der Patisseriechefin, wird hier nichts dem Zufall überlassen: “Wir bekommen ganze Tiere, backen Brot selbst und bereiten alles frisch zu”, so Sebastian Jakob.

Zukunft der Hauben und Qualität

Stillstand ist in der Spitzengastronomie keine Option – doch Druck, sagen die Küchenchefs in Lech, soll es auch keinen geben. „Wir wollen uns keinen Stress machen, aber natürlich hofft man innerlich immer auf mehr“, sagt Benedict Jakob mit einem Lächeln. Der Executive Chef steht mit seinem Team für das, was Lech seit Jahren prägt: kompromisslose Qualität, handwerkliche Präzision und das Ziel, Gäste nicht nur zu beeindrucken, sondern glücklich zu machen.

Eine fünfte Haube? “Das wäre eine große Ehre, aber Qualität hat ihren Preis”, sagt er nüchtern. Mit steigender Bewertung verändert sich auch das Segment – und die Erwartung. Doch statt sich an Punkten oder Bewertungen zu orientieren, konzentriert sich das Team auf das Wesentliche: im perfekt gebratenen Stück Fleisch, im feinen Zusammenspiel von Texturen, in der Atmosphäre, die ein Abend hinterlässt. “Wir geben jeden Tag unser Bestes. Wenn es irgendwann passiert, freuen wir uns alle – aber wichtiger ist, dass die Gäste spüren, was uns antreibt”, so Sebastian Jakob.

"Die Essenzen kommen aus dem Wald" – Wie Gourmetköche ein ganzes Dorf erobern
Haubenkoch Sebastian Jakob mit Patisseriechefin Annika Beutel und Executive Chef Benedict beim Zubereiten von Curry-Blumenkohl für die Mitarbeiter, die in der Zwischensaison arbeiten.VN/DJSOHM

Besondere Aufmerksamkeit gilt der Patisserie, deren Stellenwert in der Spitzenküche stetig wächst. “Ein Dessert darf heute nicht nur süß sein, sondern muss zum Menü passen und den Gaumen kitzeln”, erklärt Annika. Leichte, säurebetonte Kompositionen lösen das schwere Schokoladenfinale früherer Tage ab – inspiriert von Wald, Wiese und Garten.

Alpine Eleganz im Restaurant Aurelio’s im Hotel Aurelio

Im Hotel Aurelio Lech vereint Geschäftsführer Axel Pfefferkorn hochklassige Gourmetmenüs mit österreichischen Klassikern. “Unser Geheimnis liegt in der Balance – zwischen Gourmetmenü und vertrauter Küche.” Seine Gäste schätzen das Aurelio-Erlebnis, eine Mischung aus Überraschung und Wiedererkennung.

Lech sieht er als Bühne, die Kulinarik, Kultur und Natur verbindet: “Wir holen die Inspiration aus der Bergwelt, die Architektur und Kunst schaffen die Atmosphäre. So wird ein Besuch im Aurelio zu einem Erlebnis für alle Sinne.”

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Axel Pfefferkorn, Geschäftsführer Hotel Aurelio Lech

Kulinarische Haltung als gemeinsames Rezept

Drei Küchen, drei Philosophien – und ein gemeinsamer Nenner: Authentizität statt Show, Regionalität statt Überfluss. Vom Sauerteigbrot bis zur fermentierten Wurzel reicht das Spektrum jener Kreativität, die Lech zum Gourmet-Hotspot macht. “Ich glaube, die Zukunft der Küche liegt in der Reduktion – auf das Echte, das Wesentliche”, betont Axel Pfefferkorn abschließend.

Die vier Hauben dieser Häuser sind mehr als nur eine Auszeichnung. Sie sind ein Versprechen, das die Region Jahr für Jahr einlöst: Der Arlberg kocht auf Weltniveau – und bleibt dabei ganz bei sich.

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