Leserbrief: Empört euch!

Zur Feigheit, im Gastkommentar von Herrn Burtscher und zuvor von Primar Haller als Staatskrankheit thematisiert, möchte ich in einer privaten Psychoanalyse noch die gespielte oder echte Empörung hinzufügen. Sie ergibt, kombiniert mit Feigheit, einen gesteigerten Emotionscocktail. Wenn man sich die Tonlage diverser Interessenvertreter anhört, von den letzten beiden Arbeiter- bis zum Landwirtschaftskammerpräsidenten und vielen anderen, muss der Unterschied zu früher auffallen. Eine bestimmte Landes-Oppositionspolitikerin habe ich in Verdacht, diese Welt schon empört betreten zu haben und eines Tages mit trotzigem Blick unter lautstarkem Protest zu verlassen, denn immerhin ist es eine bodenlose Frechheit und himmelschreiende Diskriminierung vom lieben Gott, uns nach dem Leben zu trachten. Alles auf die Politiker abzuschieben, greift aber zu kurz. Wir fordern Budgetsanierung und Inflationseindämmung und bestrafen gleichzeitig jeglichen Ansatz. Die staatsbürgerliche Reife der Schweizer fehlt uns. Den Blick über den Tellerrand zu einer militärisch-zivilen Sicherheitspolitik als kontinentaler Lebensversicherung schaffen wir ohnehin nicht. Ich frage mich, ob wir – das Volk – den Herausforderungen dieser Zeit mit unserer Wehleidigkeit und dem Jammern auf hohem Niveau wirklich gewachsen sind. Es muss sich vieles ändern, damit alles so bleibt. Wir müssen schon jetzt zu viel ausbaden.

Gerald Grahammer, Lustenau