“Ich wollte nur ein warmes Bett” – darum kämpft Dave plötzlich um Zeit

HEUTE • 09:00 Uhr
"Ich wollte nur ein warmes Bett" – darum kämpft Dave plötzlich um Zeit
Dave auf dem Weg in die Waschküche in der Notschlafstelle in Feldkirch, Jahnplatz 4. Caritas

Zwischen Bahnhofsbank und dem kleinen Zimmer in Feldkirch liegen nur wenige Zugminuten, aber für Dave ein total anderes Leben.

Feldkirch Dave zieht die Kapuze enger, als der Nachtzug durch den Bregenzer Bahnhof fährt und ein Schwall kalter Luft die Parkbank trifft, auf der er seit Tagen schläft. Der 31-jährige Dave hat die letzten Nächte auf einer Parkbank beim Bahnhof Bregenz verbracht. “Es war bitterkalt. Ich konnte kaum schlafen und bin immer wieder aufgestanden, um mich aufzuwärmen”, so Dave. Aufgewachsen in Wien, zog es den jungen Mann der Liebe wegen nach Vorarlberg. Nach der Trennung von seiner Partnerin musste er aus der gemeinsamen Wohnung ausziehen. Leistbaren Wohnraum fand er nicht. Hohe Kautionen, niedriges Einkommen – eine Kombination, die viele in die Wohnungslosigkeit drängt. Dave schlief zunächst bei Freunden, irgendwann blieb nur noch die Straße. In der Notschlafstelle hat er nun 28 Tage Zeit, sein Leben neu zu ordnen.

"Ich wollte nur ein warmes Bett" – darum kämpft Dave plötzlich um Zeit
Ein Tisch, ein frisch bezogenes Bett und Internet. So sieht das Angebot aus. VN/DJSHOM

Harald Quinz, der seit Jahren hier arbeitet, begrüßt seine Gäste mit einem Nicken. “Wir nennen sie Gäste”, sagt er. “Viele kommen direkt von der Straße, andere aus Beziehungen, in denen plötzlich alles kippt.” Geschichten wie jene von Dave kennt er aus dem Rheintal, dem Walgau, dem Bregenzerwald: Trennung, zu hohe Mieten, zu niedrige Einkommen. Wer fällt, fällt oft schnell.

In 28 Tagen müssen sich die Bewohner neu sortieren

Der Vormittag in der Notschlafstelle gehört dem Sortieren: Papiere ordnen, Anträge prüfen, Wohnungsanzeigen durchgehen. “28 Tage sind wenig, aber manchmal reicht ein kleiner Schubs”, sagt Quinz. Manche kommen aus dem Krankenhaus, manche aus dem Wald, manche aus Autos, die längst nicht mehr anspringen. Die modernisierten Räume – Küche, Aufenthaltszimmer, ruhige Schlafplätze – geben Sicherheit, aber nie Gewissheit. Die Betten sind fast immer belegt. Wartelisten gehören dazu. “Wenn es voll ist, ist es voll”, sagt Quinz. “Jemanden abweisen zu müssen, trifft uns jedes Mal.”

Gerade rund um Weihnachten wird vieles schwerer: Erwartungen, die es nicht mehr gibt; Familien, die einladen oder nicht mehr erreichbar sind. Doch es gibt auch Lichtblicke. Menschen, die eine Wohnung finden, die zurückkommen, sich bedanken. “Solche Momente tragen uns”, sagt Quinz.

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Wäsche für die Gäste steht in kleinen Mengen aus zweiter Hand zur Verfügung. VN/DJSHOM

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Harald Quinz im Raum im Nachtdienstzimmer. Hier wird nachts zugesperrt. VN/DJSHOM

Die Arbeit ist nicht konfliktfrei. Wird jemand gewalttätig, muss das Team durchgreifen. “Wir schützen uns und die anderen Gäste. Manchmal müssen wir die Polizei rufen.” Doch es gibt auch die Momente, die zur Freude anregen: Menschen, die eine Wohnung gefunden haben, die zurückkommen und sich bedanken. Wie eine junge Frau, die Quinz vor vielen Jahren juristisch begleitet hatte und später obdachlos wurde. Innerhalb von zwei Wochen fand man für sie eine Wohnung. “Solche Erlebnisse zeigen, dass sich die Arbeit lohnt.”

Obdachlosigkeit im Land nimmt zu

Die Wohnsituation in Vorarlberg hat sich verschärft. “Die Obdachlosigkeit nimmt zu, gleichzeitig werden Wohnungen teurer”, sagt Quinz. Seine Forderung ist klar: mehr leistbarer Wohnraum. “Viele scheitern nicht am Einkommen, sondern an der Miete”, so der Sozialarbeiter.

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Eine einfache Küche für die Gäste, hell und freundlich. VN/DJSHOM

Dave hat hier für 28 Tage ein Zuhause gefunden, danach muss er raus und das Zimmer wird neu vergeben. “Ich wünsche meinen Gästen, dass ihre Wünsche ans Christkind in Erfüllung gehen, wenn man es Christkindwünsche nennen darf”, so Quinz.

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Frisch bezogen – ein Ort der Zuflucht in der Notschlafstelle. VN/DJSHOM

“Ma hilft” unterstützt die Notschlafstelle Feldkirch, um Bedürftigen über eine schwere Zeit zu helfen.

Die Notschlafstelle in Feldkirch (Jahnplatz 4) ist an den Werktagen jeweils von 16.30 bis 11 Uhr des Folgetages geöffnet, an allen Sonn- und Feiertagen rund um die Uhr.