Kein Pfarrer, wenig Geld und Gottes Lohn: Georg Künz ist der Mann, der die Kirche nicht zusperrt

HEUTE • 07:40 Uhr
Kein Pfarrer, wenig Geld und Gottes Lohn: Georg Künz ist der Mann, der die Kirche nicht zusperrt
Mit Gott im Hintergrund fällt das Ehrenamt Georg Künz leicht. VN/DJSHOM

Die Kirche steht, die Kerzen brennen. Das Pfarrbüro ist offen und der 82-Jährige wartet auf einen Nachfolger.

Nüziders Georg Künz schließt die schwere Tür des ehemaligen Pfarrhauses in Nüziders auf. Drinnen ist es still, alles umgebaut. Kein Pfarrer wohnt hier, die Stelle ist seit zwei Jahren unbesetzt. Georg Künz ist stellvertretender Vorsitzender des Pfarrkirchenrats, 82 Jahre alt und fast täglich da. Er kümmert sich um das Pfarrbüro, um Termine, um Kleinigkeiten – vom Lampenwechsel bis zu Gesprächen mit der Diözese. Eigentlich wollte er längst aufhören. Doch dann kam die Umstellung auf den Pfarrverband Bludenz. Und jemand musste bleiben. Also blieb er.

Kein Pfarrer, wenig Geld und Gottes Lohn: Georg Künz ist der Mann, der die Kirche nicht zusperrt
Der Gang im 1. Stock des ehemaligen Pfarrhauses aus dem Jahr 1853 VN/DJSOHM

“Der Pfarrer ist 2023 in Pension gegangen, einen neuen gibt es für Nüziders nicht mehr”, erklärt Georg Künz. Seither gehört die Pfarre zum Pfarrverband Bludenz. Das Haus stand leer, gleichzeitig wurden die finanziellen Spielräume enger. Kirchenaustritte, sinkende Messbesucherzahlen und weniger Einnahmen machten ein Umdenken notwendig.

Wir nutzen das Gebäude und verdienen Geld damit

Die Lösung: eine umfassende Umnutzung des historischen Gebäudes. Im Obergeschoss wurden zwei Wohnungen mit rund 54 und 35 Quadratmetern geschaffen. Im ersten Stock blieb Platz für das Pfarramt – mit Büro, Besprechungsraum, kleiner Küche und Wartebereich. “Das Pfarrsekretariat ist nach wie vor die erste Anlaufstelle für viele Menschen”, betont Künz. Auch wenn durch den Seelsorgeraum vieles zentral organisiert werde, sei die Präsenz vor Ort wichtig.

Kein Pfarrer, wenig Geld und Gottes Lohn: Georg Künz ist der Mann, der die Kirche nicht zusperrt
Im Obergeschoss ist ein großzügiger Eingangsbereich zu den Wohnungen VN/DJSHOM

Der Seelsorgeraum Bludenz betreut mittlerweile mehrere Pfarren, darunter Bürs, Herz Jesu, Heiligkreuz, Bings, Stallehr – und eben Nüziders. Zwei Priester teilen sich die seelsorglichen Aufgaben, unterstützt von Franziskanern. Nicht immer gibt es sonntags einen klassischen Gottesdienst, teilweise übernehmen Wortgottesdienst-Teams. Die Sakramente werden weiterhin gespendet, allerdings nach abgestimmtem Plan. “Es ist im Grunde wie in einem Management”, so Künz.

Zwischen Kerzenpreisen und Orgelmusik

Was oft übersehen wird: Eine Pfarre ist auch ein kostspieliger Betrieb. Allein Kerzen schlagen mit rund 4300 Euro pro Jahr zu Buche, dazu kommen Heizkosten, Instandhaltung, Kirchenmusik, Chor und Orgel. “Für die laufende Erhaltung der Kirche rechnen wir mit etwa 7000 Euro jährlich, für Musik nochmals rund 6000”, sagt Künz. Die Einnahmen aus den Wohnungen decken einen Teil des Abgangs, ersetzen aber keine Kirchensteuer – diese fließt an die Diözese, von dort kommt nur ein Anteil zurück.

Kein Pfarrer, wenig Geld und Gottes Lohn: Georg Künz ist der Mann, der die Kirche nicht zusperrt
Die bescheidene Küche im Pfarrhaus Nüziders VN/DJSOHM

Ehrenamt für Gottes Lohn

Seit mehr als 30 Jahren trägt Künz diese Verantwortung ehrenamtlich. Der gelernte Elektrotechniker ist seit 1994 im Pfarrkirchenrat, seit 2007 stellvertretender Vorsitzender. Mit 82 Jahren ist er heute der Dienstälteste – und vorerst auch der Letzte, der geblieben ist. “Eigentlich wollte ich 2023 aufhören”, sagt er. “Aber dann kam die Umstellung auf den Seelsorgeraum, und irgendwer musste weitermachen.”

Warum er sich das antut? Künz lächelt. “Wir haben ein gutes Leben gehabt. Irgendwann ist es Zeit, etwas zurückzugeben.” Das Ehrenamt halte ihn auf Trab, auch wenn es viel Zeit koste – vom Lampenwechsel bis zu Gesprächen mit der Diözese.

Kein Pfarrer, wenig Geld und Gottes Lohn: Georg Künz ist der Mann, der die Kirche nicht zusperrt
Die frisch gereinigten Gewänder im Pfarramt warten auf ihren Einsatz VN/DJSHOM

Dass Engagement weiterhin funktioniert, zeigt Nüziders vor allem bei den Sternsingern. Mit 15 Gruppen und 56 Sternsingern an zwei Tagen zählt die Gemeinde zu den stärksten im Land. Zwischen 14.000 und 16.000 Euro kommen jedes Jahr zusammen. “Da gibt es Familien, die das seit Generationen tragen”, sagt Künz. Auch bei anderen Sammlungen spüre man große Solidarität einzelner Gönner.

Kein Pfarrer, wenig Geld und Gottes Lohn: Georg Künz ist der Mann, der die Kirche nicht zusperrt
Die Apostelgeschichte fein säuberlich im Schaukasten des ehem. Pfarramtes VN/DJSHOM

Sorgen bereitet ihm dennoch die Zukunft. Eine Nachfolge für seine Aufgaben zu finden, ist schwierig. Viele wollen sich nicht langfristig binden, andere sind bereits in Vereinen engagiert. “Früher hat der Pfarrer gefragt – das hatte ein anderes Gewicht”, sagt Künz. Heute bleibe nur eines: dranbleiben, erklären, wieder fragen.

Und wie lange macht er weiter? Die Antwort kommt ohne Zögern: “Bis ich einen Nachfolger habe.”