Orfeo, Euridice, Schubert und Barenboim

Fulminante Salzburger Pfingstfestspiele.
Salzburg In der zweiten gemeinsamen Arbeit von Christof Loy und Cecilia Bartoli in Salzburg spielt der Tanz eine wichtige Rolle. Die “Parma-Fassung” von “Orfeo ed Euridice“, die zu Pfingsten in Salzburg aufgeführt wurde, entstand sieben Jahre nach der Uraufführung und unterscheidet sich durch die Mezzopartie des Orfeo.





Die Rolle ist Cecilia Bartoli perfekt auf den Leib geschrieben, und so ist es nur folgerichtig, dass die Konzentration auf Orfeo im Mittelpunkt der Inszenierung steht. Der Tanz spielt eine wesentliche Rolle, um die Momente auszudrücken, in denen Orfeo nicht singt. Auch die Rolle des Amor, dargestellt von Madison Nonoa, beschreibt Loy nicht als göttlich, sondern als Liebe, die Orfeo aus der Krise helfen soll. Ein “lieto fine” (glückliches Ende) gibt es nicht, da das Stück letztlich auf den unmöglichen Kampf gegen den Tod hinauslaufe.



Die Musiker des “Ensemble Les Musiciens du Prince – Monaco” spielen auf Originalinstrumenten, der musikalische Leiter Gianluca Capuano betrachtet Glucks Musik als pro-romantisch und psychologisch, weshalb sie sich von der traditionellen Auffassung mit monumentalen, statischen Bildern und langsamer Musik entfernen wollten. Capuano dringt in extreme dynamische Bereiche vor, und der großartige Kammerchor Il Canto di Orfeo fügt sich ideal ein. Die zwölf Tänzerinnen und Tänzer bieten eine beeindruckende und bewegende Vorstellung, die sowohl aus leidenschaftlichem, scheinbar wildem Chaos als auch aus ruhigen Szenen besteht. Ihre Danses macabres sind von allegorischer Tiefe und schaffen es, das Publikum zutiefst zu berühren.



Die französische Sängerin Mélissa Petit brilliert als Euridice in der einzigen spannenden Dialogszene der Oper stimmlich und darstellerisch. Madison Nonoa begeisterte in der Rolle des Amor durch ihre starke Bühnenpräsenz gekoppelt mit ihrem klaren und emotionalen Sopran. Cecilia Bartoli als Orfeo präsentiert sich als Künstlerin, die ihre Emotionen ganz in den stimmlichen Ausdruck legt. Mit feinsten Nuancen, Intimität und minutiös abgestimmten Klangfarben dringt sie tief in die (Hosen-)Rolle – die wunderschönen Kostüme sind von Ursula Renzenbrink – ein. Im Anschluss an die Aufführung und unter dem begeisterten Applaus des Publikums wurde ihr von der Republik Österreich der Titel “Kammersängerin” verliehen.

© Kristian Schuller Decca

© Peter Adamik

© Adriano Heitman
Ursprünglich sollte Daniel Barenboim am Montagnachmittag bei der Schubertiade gemeinsam mit Martha Argerich vierhändige Klavierwerke von Franz Schubert spielen, doch er musste aus gesundheitlichen Gründen absagen. Dass die hochbegabten Pianisten Lucas und Arthur Jussen einsprangen und das Publikum mit ihrer Darbietung begeisterten, war mehr als ein Trost: Die Brüder spielten neben der Fantasie f-Moll auch das Allegro “Lebensstürme”, Werke für Klavier zu vier Händen, beide Stücke mit enormer Leidenschaft und Emotionalität, technisch natürlich hervorragend und mit geschlossenen Augen auswendig gespielt. Das Programm der Schubertiade hatte aber noch weitere Höhepunkte zu bieten.


Die künstlerische Leiterin Cecilia Bartoli präsentierte gemeinsam mit dem Pianisten Lang Lang Schubert-Lieder, und auch der Chor “Il canto di Orfeo” unter der Leitung von Gianluca Capuano trug Schubert-Lieder vor. Die französische Sopranistin Mélissa Petit übernahm den Sopranpart in der Kantate “Mirjams Siegesgesang”.

© Victor Santiago

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© Xin Qiu
Der Montag gipfelte schließlich in der „Hommage“ an Daniel Barenboim, bei der zahlreiche Musiker auftraten, die den großen Künstler auf seinem Lebensweg begleitet haben. Seit unglaublichen sieben Jahrzehnten bereichert der Ausnahmemusiker Daniel Barenboim die Musikwelt als Pianist und Dirigent, war 1952 erstmals bei den Salzburger Festspielen und hat sich auch als Initiator bedeutender Kulturprojekte einen Namen gemacht. Er zählt nicht nur zu den “Weltkünstlerpersönlichkeiten”, sondern auch zu jenen aktiven Künstlern, die als Friedensstifter politische Denkgrenzen überwinden. So gründete er 1999 das West-Eastern Divan Orchestra, um junge israelische und arabische Musikerinnen und Musiker zusammenzubringen.

Die Förderung junger Künstlerinnen und Künstler war Barenboim schon immer ein besonderes Anliegen. So führte er 1994 Cecilia Bartoli in einer legendären Aufführung von Mozarts “Don Giovanni” in Salzburg ein und feierte 2001 das Debüt von Lang Lang in New York und London. Mit beiden verbindet ihn seither eine enge musikalische Partnerschaft. Rolando Villazón und Sonya Yoncheva gehören zu seinen regelmäßigen künstlerischen Weggefährten Plácido Domingo ehrte er in Berlin anlässlich seines 50-jährigen Bühnenjubiläums.

Mit Zubin Mehta verbindet ihn seit seinem Debüt bei den Salzburger Festspielen 1965 eine besondere Freundschaft, während das Musizieren mit Martha Argerich seine Wurzeln in Buenos Aires hatte, so dass die späteren Auftritte immer von einer besonderen Vertrautheit geprägt waren.





Der 80. Geburtstag von Daniel Barenboim bot nun die Gelegenheit, diese Wegbegleiterinnen und Wegbegleiter in einer Gala zusammenzuführen, um den Maestro gebührend zu ehren. Den ersten Teil dirigierte der 87-jährige Zubin Mehta, nach der Pause betrat der Jubilar selbst die Bühne.
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“Es ist sehr schwer für mich heute, so viele Emotionen, so viele Jahre, so viele unglaubliche Freunde. Ich bin so dankbar, ich bin wirklich sehr bewegt, deshalb kann ich jetzt nicht viel sagen”, zeigte sich Barenboim tief bewegt. Die Gala wurde zu einem besonderen musikalischen Ereignis, das die herausragenden Leistungen Daniel Barenboims und die einzigartigen Beziehungen, die er im Laufe seiner Karriere aufgebaut hat, feierte. Es war eine Gelegenheit, die künstlerische Vielfalt und das außergewöhnliche Engagement von Daniel Barenboim zu ehren und zu würdigen.