Der Booster kam vom Ufer

Sport / 14.07.2025 • 18:49 Uhr
Schwimmen Bodensee Querung Alpine-Seven-Challenge
Dne Moment der Erleichterung teilte Bernhard Hengl mit seiner Familie: „Ohne die Unterstützung von ihnen hätte ich es nicht geschafft“, erklärte der 42-Jährige stolz. Gabriel Böhler

Eine Sprachnachricht seiner Kinder gab Bernhard Hengl die Kraft, den Bodensee nonstop zu bezwingen.

Bregenz Es war keine normale sportliche Leistung, es war eine außergewöhnliche Willensleistung: Der 42-jährige Bernhard Hengl hat am Wochenende die Bodensee-Durchquerung seines Lebens gemeistert – 63 Kilometer nonstop quer durch den See, ohne Neoprenanzug und ohne Körperkontakt zum Begleitboot. Nach rund 26 Stunden erreichte der gebürtige Dornbirner unter tosendem Applaus den Segelhafen in Bregenz – körperlich entkräftet, aber emotional überwältigt.

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Mit der Durchquerung des Bodensees in knapp 26 Stunden setzte der ehemaliger Wasserball-Nationalspieler und fünffacher Familienvater ein deutliches Zeichen – für mentale Stärke, familiären Zusammenhalt und den guten Zweck.

Pannikattacke hoch fünf

Der heute in Vöcklamarkt (OÖ) lebende Hengl ist kein Unbekannter: Als Spitzensportler und zehnfacher österreichische Meister hat er Disziplin verinnerlicht, als Vater ist er Vorbild. In seiner größten Krise während des Bodensee-Querung – nach nur acht Kilometern – wollte er bereits aufgeben. „Ich hatte eine Panikattacke hoch fünf – das schaffe ich nie im Leben“, gestand er später offen.

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Körperlich entkräftet, aber emotional überwältigt. Gabriel Böhler

Der rettende Impuls kam über Funk: Seine Kinder hatten ihm über das Begleitboot eine Sprachnachricht geschickt, begleitet vom Song „Big Big World“ – ein emotionaler One-Hit-Wonder, der plötzlich alles veränderte. „Danach wusste ich, dass ich es schaffe“, so Hengl. „Die Nachricht meiner Liebsten war der Booster zum späteren Gelingen.“

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Die ersten Schritte an Land fühlten sich „wie ein Gang über glühende Kohlen an.“ Gabriel Böhler
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Der berechtige Jubelschrei und Applaus der zahlreichen Fans. Gabriel Böhler

Seine Söhne Jonathan und Kevin paddelten bei Nacht in Winterjacken und Jogginghose auf ihren SUPs neben dem Boot. Auf den letzten Kilometern sprang Johannes Gojo, ein langjähriger Wasserballfreund, ins Wasser, um ihn ans Ziel zu begleiten – und rettete Hengl sogar vor Treibholz.

Schwimmen Bodensee Querung Alpine-Seven-Challenge
Papa Johannes unterstützte seinen Sohn und begleitete ihn im Wasser.
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Mama Ruth gratulierte ihrem Sohn für die großartige Leistung.

Mit dem Projekt „Alpine Seven“ sammelt Hengl Spenden für den von Claas Röhl ins Leben gerufenen Verein „NF Kinder“, der sich für Betroffene der genetischen Erkrankung Neurofibromatose einsetzt. „Ich möchte Mut machen, sich zu zeigen“, sagt er. Die „20/20“-Aktion soll animieren: 20 Minuten Bewegung, 20 Euro Spende. Für die Spendenaktion sind bislang rund 8800 Euro eingegangen. „Ziel war es, bei der Bodensee-Querung die 10.000er-Marke zu knacken. Vielleicht finden sich ja noch Gönner, und wir schaffen die Marke.“

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Familienmitglieder und Fans fieberten auf den letzten Metern bis zur Zielankunft am Bregenzer Segelhafen mit. Gabriel Böhler

Die Bodensee-Querung war die zweite Etappe. Auf den Attersee (20 km) folgt im Herbst der Wörthersee (17 km), ehe 2026 die Mammutseen folgen: Genfersee (73 km), Gardasee (52 km), Vierwaldstättersee (39 km), Lago Maggiore (65 km). Über 330 Kilometer Schwimmen in vier Ländern – inspiriert von den legendären „Ocean’s Seven“.

Schwimmen Bodensee Querung Alpine-Seven-Challenge
Jubelende Wegbegleiter des historischen Moments auf der Stand-Up-Paddel.

Eine Schlüsselrolle für das Gelingen spielte auch das Betreuerteam. Bernhard Schimpl (Ausdauer), Samuel Griell (Athletik) und Physiotherapeut Matthias Menneweger haben Hengl gezielt vorbereitet. „Dank ihnen hatte ich keine muskulären Probleme. Es war eine reine Kopfsache, ob ich es schaffe oder nicht!“

Psychische Belastung

„Ich bin sprichwörtlich nicht nur einmal durch die Hölle geschwommen“, beschreibt Hengl die psychische Belastung. Dunkelheit, Strömung, eisige Kälte – „wie eine Gegenstromanlage vor mir“. Der Moment des Landganges war fast brutaler als die letzte Stunde im Wasser: „Ich hatte kein Gefühl mehr in den Beinen, bin auf allen Vieren ans Ufer gekrochen – aber mit Glücksgefühlen vollgepumpt.“

Schwimmen Bodensee Querung Alpine-Seven-Challenge
Ex-Wasserballer Johannes Gojo (l.) begleitete seinen Freund auf dem letzten Kilometern.

„Ohne meine Familie hätte ich es nicht geschafft“, betont Hengl. Frau Elena, die fünf Kinder, Eltern, Schwiegereltern – sie waren sein Antrieb. „Sie sind mein Rückgrat und mein Motor. Ich bin speziell ihnen, aber auch allen, die zum Gelingen beigetragen haben, ihnen unendlich dankbar.“

Der Booster kam vom Ufer
Bernhard Hengl mit Claas Röhl (l.), dem Initiator Organisation “NF Kinder”, und Athletiktrainer Samuel Griell (rote Kappe, WIRKSAM Personal Training).