200.000 Bäume pro Jahr: Diese Initiative will Neugeborenen eine Zukunft schenken

Von Vorarlberg in die Welt: In Rankweil startet ein Baumprojekt mit globaler Vision.
Rankweil Eine Initiative aus Rankweil will einen ungewöhnlichen Weg im Kampf gegen den Klimawandel beschreiten. Für jedes neugeborene Kind in Vorarlberg sollen künftig 50 Bäume gepflanzt werden – jeweils zehn Stück auf fünf verschiedenen Kontinenten.
Was wie eine symbolische Geste klingt, basiert auf wissenschaftlichen Grundlagen und geht zurück auf einen Vortrag des renommierten Klimaforschers Hans Joachim Schellnhuber. Er referierte vor wenigen Monaten auf Einladung des Architekten Andreas Postner im Rankler Vinomnasaal.

CO2 senken
In seinem Vortrag präsentierte Schellnhuber eine eindrucksvolle Rechnung: Wenn bis zum Ende des Jahrhunderts rund 500 Milliarden zusätzliche Bäume gepflanzt und aus dem daraus gewonnenen Holz etwa zwei Milliarden Wohneinheiten errichtet werden, wäre es möglich, den CO2-Gehalt der Atmosphäre langfristig zu senken. Wichtig sei dabei eine klimafreundliche Bauweise und somit der Einsatz von Holz als Ersatz für energieintensive und umweltfeindliche Baustoffe wie etwa Beton oder Stahl.

Seinen Berechnungen zufolge würde so das Weltklima derart stabilisiert werden, dass die unabwendbaren Temperaturerhöhungen so gering wie möglich ausfallen. Schellnhuber selbst sieht diese Vorgehensweise als einzigen Ausweg aus dem von Naturkatastrophen begleiteten Klimadilemma.
Ein Projekt, das Hoffnung pflanzen will
Teilt man die Anzahl der 500 Milliarden Bäume durch die bis zum Jahr 2100 zu erwartenden 8,9 Milliarden Neugeborenen, ergibt sich eine sehr konkrete Zielmarke: rund 56 Bäume pro Kind. Auf Vorarlberg heruntergebrochen bedeutet das etwa 200.000 Bäume jährlich. Um dieses Ziel auch tatsächlich umzusetzen, gründeten Postner und Schellnhuber den Verein “Rein positive Klimaaktion für alle”. Dieser soll konkret zur CO2-Reduktion, Biodiversität und globalen Ernährungssicherheit beitragen.

Globale Partnerschaften
Die Vision ist groß und reicht weit über Vorarlbergs Grenzen hinaus. Inzwischen gibt es aktive Partnerschaften auf mehreren Kontinenten. Vor allem in Asien werden Kontakte über die Bauhaus-Universität gepflegt. “Dort entstehen spannende Projekte rund um nachhaltiges Bauen mit Holz und Lehm”, erklärt Andreas Postner. Besonders beeindruckt zeigt er sich von Bhutan, da dort das Glück der Bevölkerung und nicht das Bruttoinlandsprodukt als Staatsziel gelte. Dieses Denken biete fruchtbaren Boden für langfristige Kooperationen. Vorerst gilt jedenfalls das Credo: “Klein anfangen – lokal, in Vorarlberg.” Im Herbst soll dazu eine größere Veranstaltung der Agrargemeinschaft Rankweil stattfinden, mit dem Ziel, aktuelle Entwicklungen und Erfolge sichtbar zu machen.

Finanzierung: Große Vision – realistische Schritte
Rund sechs Millionen Euro werden nötig sein, um jährlich 200.000 Bäume pflanzen zu können. “Wir arbeiten derzeit an einem tragfähigen Modell”, ist Andreas Postner optimistisch. Gespräche mit Banken laufen bereits. Parallel dazu sollen sechs prominente Patinnen und Paten für öffentliche Aufmerksamkeit und Unterstützung sorgen. Die Bereitschaft sei da, erste Zusagen habe es schon gegeben.

Ökologisch verantwortlich statt schneller Erfolg
Ein weiteres Anliegen der Initiative: Baumarten und Standorte werden mit Bedacht gewählt, um Monokulturen oder ökologische Schäden zu vermeiden. Stattdessen setzt man auf standortgerechte Mischwälder, die gemeinsam mit lokalen Partnern in den jeweiligen Ländern entwickelt werden. Großer Wert wird auch auf die aktive Einbindung der dort ansässigen Bevölkerung gelegt.
Ein besonderes Anliegen ist es Andreas Postner, die Aktion aus der Blase zu holen: “Es sind oft dieselben Leute, die zu Klimaveranstaltungen kommen. Aber dieses Projekt betrifft jedes Kind. Jede Familie. Jeden Kontinent.” Deshalb wünscht er sich jetzt vor allem eines: mehr Sichtbarkeit und neue Mitstreiterinnen und Mitstreiter, die frischen Wind bringen. MAF
Interessierte, die das Projekt unterstützen oder dem Verein beitreten möchten, können sich elektronisch unter mail@auf-dieser-erde-leben.at melden.