“Ich danke Gott, dass ich für andere Menschen da sein konnte”

Menschen / HEUTE • 15:00 Uhr
Anny Drexel, Vorarlbergerin des Tages
Anny Drexel (97) blickt mit Dankbarkeit auf ihr Leben zurück. Beate Rhomberg

Anny Drexel (97) engagierte sich in der Entwicklungshilfe in Afrika. Über Jahrzehnte sammelte sie in Vorarlberg unermüdlich Spenden für Hilfsprojekte in Nigeria.

Hohenems Anny Drexel (97) hatte eine schöne Kindheit. “Mein Vater hat mir abends immer Geschichten über ferne Länder und Menschen mit anderer Hautfarbe erzählt.” Das machte Anny neugierig und weckte ihr Interesse fürs Reisen. “Es zog mich jedenfalls zeitlebens in die Ferne.”

Anny lernte den Beruf der Krankenschwester, “weil ich auf Mission gehen wollte und Menschen gerne helfe”. Eigentlich beabsichtigte die Hohenemserin, nach Indien zu gehen. Denn die Arbeit von Mutter Teresa beeindruckte die junge Krankenschwester. “Mutter Teresa nahm halb verhungerte und sterbende Menschen von der Straße auf und gab ihnen ein Zuhause.” Doch der Indien-Einsatz kam nicht zustande. Das Leben hatte mit Anny anderes vor.

Anny Drexel, Vorarlbergerin des Tages
Anny Drexel als Kleinkind.

Die Krankenschwester begann sich in ihrer Freizeit im Hohenemser Pfarrgemeinderat zu engagieren. Über diesen lernte Anny den nigerianischen Priesterstudenten Obiora Ike kennen. Auf seine Einladung hin besuchte Anny 1986 sein Heimatland Nigeria. “Unter anderem besichtigte ich das verlassene St.-Vincent-Krankenhaus in Ndubia. Mit aller Kraft verspürte ich das Bedürfnis, mich für dieses leere Spital einzusetzen. Ich wollte es unbedingt wieder in Schwung bringen.” Das war der Startschuss für das Projekt “Dorfentwicklung” in Ndubia/Südost-Nigeria.”

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Anny Drexel mit den Zwillingen Vincent und Victor. Für Waisen wie sie wurde das „Motherless home“ in Emekuku erbaut.

Anny, die Initiatorin des Entwicklungshilfe-Projektes, sammelte in Vorarlberg unermüdlich Spendengelder. Mit diesen gelang es ihr, das Spital wieder in Betrieb zu nehmen. “Wir haben die Wochenstation des St.-Vincent-Krankenhauses mit 40 Betten ausgebaut. Dazu muss man wissen: 16 Prozent der Mütter sterben bei der Geburt. Und nur die Hälfte der Babys überlebt die Geburt.” In Vorarlberg bildete sich eine kleine Gruppe von Männern und Frauen, die ihre Fähigkeiten ohne Bezahlung für das Projekt “Dorfentwicklung” einsetzte. Es entstand die “Entwicklungshilfe-Gruppe Hohenems”. Diese stellte in Nigeria im Lauf der Jahre viel auf die Beine.

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Diese Schule für gehörlose Menschen wurde in Ekengbo errichtet.

Mithilfe von großzügigen Spendern konnten im Südosten Nigerias fünf Dörfer mit Kirchen, Krankenhäusern, Schulen und Einfamilienhäusern aufgebaut werden. “Auch ein Waisenhaus und eine Schule für gehörlose Menschen konnten wir bauen”, freut sich Anny, die 30 Jahre lang für jeweils drei Monate im Jahr in Nigeria weilte und die Projekte vor Ort koordinierte.

Zuletzt war sie vor zehn Jahren in Afrika. Mit zunehmendem Alter wurden die Besuche für Anny beschwerlicher. “In Nigeria ist es heiß. Oft hat es 40 Grad und noch mehr.” Nun leitete sie das Projekt ausschließlich von Hohenems aus. Erst vor Kurzem gab sie die Leitung in jüngere Hände.

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Frauen warten darauf, dass ihre Kinder geimpft werden.

Die pensionierte Krankenschwester blickt dankbar zurück. “Zu sehen, was entstanden ist, erfüllt mich mit Freude. Ich danke allen großen und kleinen Spendern. Ohne sie hätten wir diese Projekte in Nigeria nicht aufbauen können.”

Die Arbeit hat Anny jung gehalten. Mit ihren 97 Jahren geht sie noch voller Energie durchs Leben. “Heuer bin ich schon 30-mal mit dem Rad von Feldkirch nach Hohenems gefahren.” Die Hohenemserin ist mit guter Gesundheit gesegnet. “Ich war mein Leben lang nicht krank.” Anny arbeitete viel. Sie reiste aber auch viel. “Ich habe mein Fernweh gestillt.” Vor sieben Jahren unternahm sie eine Pilgerreise nach China. Die rüstige Frau ist ein gläubiger Mensch. “Ich danke Gott von ganzem Herzen, dass ich für andere Menschen da sein konnte.”

Anny Drexel, Vorarlbergerin des Tages
Trotz ihres hohen Alters fährt Anny Drexel noch regelmäßig Fahrrad.

Anny Drexel

geboren 26. Juli 1928 in Hohenems

Wohnort Hohenems

Familie ledig

Hobby “Mein Hobby ist die weite Welt”