Schweizer Grenzwache spionierte in Vorarlberg – Bis zum Prozess dauerte es sechs Jahre

Wer in Vorarlberg zu viel Fleisch kauft, ist in der Schweiz ein Schmuggler. Doch auch manche Grenzwächter waren illegal unterwegs.
Darum geht’s:
- Schweizer Grenzwächter spionierten in Vorarlberg für Fleischkontrollen.
- Aktion 2018 führte zu illegalen Spionageaktionen.
- Verzögerte Strafprozesse enden mit möglichen Strafreduktionen.
Bern Eidgenossen, die in Vorarlberg einen Großeinkauf tätigen, sollten genau aufpassen: So ist etwa die Einfuhr von mehr als einem Kilo Fleisch pro Person nicht erlaubt. Und auch im Hanfshop bekommt man östlich des Rheins manches, was westlich davon nicht zu erhalten ist. Wer dies nicht an der Grenze anmeldet, ist ein Schmuggler. Die Schweizer Grenzwacht hat daher ein Auge auf Schweizer Einkäufer in Vorarlberg – und drei Zöllner stehen nun selbst vor Gericht.
Im Advent 2018 fuhren Zivilfahnderinnen und -fahnder aus der Schweiz samstags in ihren Privatfahrzeugen selbst zu den Vorarlberger Händlern. Per Telefon und App meldeten sie die Kennzeichen von Schweizer Kunden mit großen Fleischpaketen, die daraufhin an der Grenze gezielt kontrolliert werden konnten. Der Erfolg sprach für die Aktion – doch eine weitere Kontrolle zwei Tage vor Weihnachten wurde abgeblasen.
Spionage trotz Weisung
Denn einer der Schweizer Fahnder fiel der heimischen Exekutive auf, wie er das Geschäft beobachtete – und kam in Erklärungsnot, wie der Tages-Anzeiger berichtet. Zwar sind grenzübergreifende Kontrollen möglich – müssen aber abgestimmt sein. Für die Fleischkontrollen gab es aber nicht einmal eine Anfrage. Wohl, weil beim Kauf von über einem Kilo Fleisch kein Verbrechen stattfindet. Und vielleicht auch, weil die Landespolizeidirektion bei einer vergleichbaren Kontrolle zum Hanfschmuggel bereits Desinteresse anmeldete.
Noch peinlicher für die Schweizer Grenzwächter: Wie der Tages-Anzeiger die Schweizer Bundesanwaltschaft zitiert, hatte der Kommandant des zuständigen Grenzwachkorps Region 3 solche Aktionen intern dezidiert untersagt. Dennoch rückte die Schweizer Grenzwacht im März 2019 wieder in Zivil nach Vorarlberg aus. An zwei Tagen stellte sie so 30 Schmuggler – und der “Blick” berichtete von der illegalen Spionageaktion des Grenzwachkorps.
Hohe Strafen
Dennoch dauerte es sechs Jahre, bis die Bundesanwaltschaft die Strafbescheide ausstellte: Zwei damalige Postenchefs und eine Einsatzleiterin der Grenzwache wurden wegen der Verletzung einer fremden Gebietshoheit zu bedingten Geldstrafen von 10.000 bis 23.000 Franken verurteilt. Diese akzeptieren die Strafe jedoch nicht, schließlich habe Österreich als Geschädigter auf eine Strafverfolgung verzichtet. Daher wird am 6. und 7. Oktober verhandelt. Doch auch die Bundesanwaltschaft sieht ein, dass das Verfahren ungewöhnlich lang dauerte. Laut dem Tages-Anzeiger signalisiert man daher Bereitschaft, die Strafen um ein Drittel zu reduzieren.