108 Vordrängler in Dornbirner Impfstraße

Aktuelle Zahlen zeigen: Großteil der Impfdrängler auf erstes Impfwochenende zurückzuführen.
Dornbirn „Ich dachte, ich wäre im falschen Film“, beschreibt ein Arzt aus dem Oberland seine zweite Teilimpfung gegen das Coronavirus. „Da standen Familien mit mehreren Kindern an, viele junge Erwachsene zwischen 18 und 25 Jahren“, zeichnet er ein Bild einer Impfaktion, die offensichtlich aus dem Ruder gelaufen war. In der Messehalle in Dornbirn hätten sich zu diesem Zeitpunkt eine Vielzahl von Menschen befunden, die nichts auf einer Priorisierungsliste verloren haben, urteilt der Arzt im Gespräch mit den VN empört. Keine Einzelmeinung: In den letzten Tagen haben sich gleich mehrere Mediziner in der Redaktion gemeldet. Ihr Verdacht: Weit mehr Menschen als bisher bekannt hätten sich in der Dornbirner Impfstraße vorgedrängelt.
Tatsächlich geriet der Impfauftakt am 8. Jänner in die Schlagzeilen. Eine E-Mail des zuständigen Rotkreuz-Koordinators Roland Gozzi an Mitarbeiter, Freiwillige und Zivildiener, auch Partner zur Impfung mitbringen zu können, hatte die Landesregierung auf den Plan gerufen. „Nach Bekanntwerden dieser Praxis wurde diese Vorgangsweise sofort eingestellt“, schrieb die zuständige Landesrätin Martina Rüscher kürzlich in einer Anfragebeantwortung. Rüscher hatte im Jänner unmittelbar nach dem ersten Impfwochenende von „nur einzelnen Angehörigen“ gesprochen. Es seien nur vereinzelt Partner dabei gewesen, meinte auch Gozzi damals, der seinen Fehler einräumte.
Aus Fehlern gelernt
An Zahlen festmachen lässt sich der Aufruf des Rotkreuz-Koordinators offenbar nicht mehr. Die Details seien nicht verifizierbar, heißt es seitens des Landes. Klar ist mittlerweile jedoch, dass am 8. und 9. Jänner in Dornbirn eine größere Zahl an Menschen geimpft wurde, die aufgrund des Impfplans noch nicht am Zug gewesen wären. Mit 1. Februar, auch das geht aus der Anfragebeantwortung der zuständigen Landesrätin hervor, waren demnach landesweit 176 externe Personen, die nicht den Priorisierungskategorien 1 oder 2 zuzuordnen sind, geimpft worden. Laut VN-Informationen erhielten 108 von ihnen die begehrte Biontech-Pfizer-Vakzine in der Dornbirner Impfstraße, 68 Fälle verteilen sich auf die verschiedenen Alten- und Pflegeheime, die Impfaktionen durchgeführt hatten – darunter auch jene Impfung des Feldkircher Bürgermeister Wolfgang Matt, die international für Schlagzeilen sorgte.
Der Großteil der Impfdrängler lässt sich auf das erste Impfwochenende in Dornbirn zurückführen. „Wir wollen gar nicht mehr so sehr in den Rückspiegel schauen“, sagt der Sprecher des Landes, Florian Themessl-Huber. Es mache jetzt keinen Sinn, mit dem Finger auf jemanden zu zeigen oder Schuldzuweisungen auszusprechen, heißt es auf die Frage nach den Verantwortlichen. Vielmehr habe man rasch reagiert und Maßnahmen getroffen, damit der Impfplan penibel eingehalten werde.
Gozzi widerspricht Vorwürfen
Das Land stellt sich hinter Rot-Kreuz-Covidkoordinator Gozzi, den innerhalb der Ärzteschaft einige als Hauptverantwortlichen für das massive Abweichen des Impfplans in der Anfangsphase ausmachen. Zuletzt wurden auch Vorwürfe laut, Gozzi habe in seinem Umfeld für Impfpriorisierungen gesorgt. Dem widersprach er auf VN-Anfrage vehement. Einzig, dass seine Frau aufgrund seiner regelmäßigen Tätigkeit in der Impfstraße und damit aus Sorge um ein größeres Ansteckungsrisiko auch den Biontech-Pfizer-Impfschutz erhielt, räumte er ein.
Für das Land ist der unglückliche Impfauftakt abgehakt. Natürlich sei jede einzelne Impfung, die außerhalb des Impfplans durchgeführt wurde, eine zu viel, sagt Florian Themessl-Huber. Man habe schnell gelernt, jetzt gebe es jedenfalls keine Auffälligkeiten mehr im System.