Mädchen namens “Kümmernis”

Extra / 18.05.2014 • 20:18 Uhr
Die „Heilige Kümmernis“ wurde mit Bart und einem goldenen Schuh dargestellt. Den anderen soll sie einem Geiger, der vor ihrem Bild spielte, überlassen haben. Foto: Vorarlberger Landesarchiv
Die „Heilige Kümmernis“ wurde mit Bart und einem goldenen Schuh dargestellt.
Den anderen soll sie einem Geiger, der vor ihrem Bild spielte, überlassen haben.
Foto: Vorarlberger Landesarchiv

Das Landesarchiv reicht drei Stockwerke tief und birgt erstaunliche Schätze.

Bregenz. (VN-tm) 116 Jahre alt ist das „Gedächtnis des Landes“, und zustande kam das Vorarlberger Landesarchiv als ein Akt des Widerstands. 1897 nämlich sollten wichtige Dokumente zur Geschichte des Landes nach Innsbruck gebracht werden. Da wehrte sich Vorarlberg. Landeshauptmann Adolf Rhomberg setzte schließlich ein eigenes Landesarchiv durch. Es wurde 1898 gegündet. Von 1904 bis 1977 diente das Archiv sogar als Landesbibliohek.

Heute lagern 10.000 Urkunden, Pläne, Akten und Siegel in der Bregenzer Kirchstraße. 1933 hat der Architekt Willibald Braun das „Alte Landhaus“ durch ein Magazingebäude erweitert. Dieser Schüttbetonbau wurde 2001 bis 2003 saniert. 2004 nahm das Archiv einen dreigeschoßigen, klimatisierten Tiefspeicher in Betrieb. Als ältestes Dokument lagert hier eine Papsturkunde des Klosters Mehrerau von 1139. Große Teile des landständischen Archivs werden aufbewart, Archivalien aus Gemeinden, Pfarren und aufgehobenen Klöstern. Die Pfarrmatriken stehen auf Mikrofilmen zur Verfügung. Auch das Volksliedarchiv ist in der Kirchstraße zuhause. 2013 haben 88.000 Forscher das Landesarchiv besucht, davon 99 Prozent via Internet.

Aus aktuellem Anlass hat Dr. Ulrich Nachbaur die Verlassenschaft der Cäcilia Müller von 1824 hervorgeholt. Darin findet sich der Mädchenvorname „Kümmernis“. Vor allem in den Kleinwalsertaler Pfarren Riezlern, Mittelberg und Hirschegg wurden zwischen 1739 und 1814 etliche Mädchen – zumeist in Verbindung mit „Maria“ – auf den Namen „Kümmernis“ getauft. Darin drückt sich die Verehrung einer ungewöhnlichen Heiligen aus: Legenden berichten, Kümmernis sei eine Königstochter gewesen, die Gott darum gebeten habe, sie ihrer körperlichen Reize zu berauben, damit sie sich eines unerwünschten Freiers erwehre. Daraufhin sei ihr ein dichter Bart gewachsen . . .

Mädchen namens "Kümmernis"
“Kömmerniß Müller” in einem Bezauer Verlassenschaftsakt von 1824.