„Geht’s Oma und Opa gut, dann geht’s dem Enkel gut“

Der Seniorenbeirat vertritt in Vorarlberg die Anliegen von rund 60.000 Menschen, mit unzähligen Aktionen.
BREGENZ. (VN-mip) Die Senioren als homogene Gruppe gibt es nicht. Wie in jeder anderen gesellschaftlichen Einheit können auch hier nicht alle über einen Kamm geschoren werden, Verallgemeinerungen sind unzulässig. Ein Projekt, das dieser Gegebenheit gerecht wird, ist der Seniorenbeirat. Vertreter von elf Organisationen und Vereinen sitzen in diesem Gremium und sind so etwas wie Andreas Kohl und Karl Blecha in der Bundespolitik: eine Lobby für Senioren.
Ein Wirtschaftsfaktor
Erich De Gaspari sitzt in seinem kleinen Büro in der St. Anna Straße 1 in Bregenz, einen Stock über dem Büro der SPÖ. Auf seinem Schreibtisch türmen sich die Papierstapel, dazwischen stehen einige Pokale von Sportveranstaltungen. Die Knöpfe auf seinem blauen Trachtensakko glänzen, seine Krawatte ist auffällig bunt. Er ist gerade in Fahrt gekommen. Das Thema: Pensionen. „Ich habe schon oft gehört und gelesen, dass die Pensionen den Staat 18 Milliarden Euro kosten würden. Doch das ist falsch! Sie kosten 3,9 Milliarden. Dafür haben die Pensionisten 3,6 Milliarden an Mehrwertsteuer und 2,3 Milliarden an die Krankenkasse bezahlt. Sie sind ein großer Wirtschaftsfaktor“, erklärt De Gaspari, und holt tief Luft. „Die Pensionisten sind ein großer Wirtschaftsfaktor. Sie sind es, die unter der Woche einkaufen gehen.“ Eines ist sofort sichtbar: Er vertritt die Anliegen der Senioren, und das mit aller Vehemenz. Für den Vorsitzenden des zuständigen Beirates ein wünschenswertes Attribut.
Der Beirat wurde 1977 ins Leben gerufen. Mittlerweile hält das Gremium bei elf Mitgliedern, die sich aus Gemeindeverband, Caritas, IfS, Familienbund, Volkshilfe, Familienverband und den drei parteinahen Seniorenbund (ÖVP), Pensionistenverband (SPÖ) und Seniorenring (FPÖ) zusammensetzen.
De Gaspari sitzt dem Pensionistenverband vor. Beirats-Chef ist er seit dem 1. November, also noch nicht lange und ungewollt. Der eigentliche Vorsitzende, Helmut Gerster, legte sein Amt im Oktober überraschend zurück, De Gaspari rückte als Stellvertreter nach. Kommendes Jahr wird ein neuer Chef gewählt. „Ich mach’s aber nicht“, erklärt er.
Probleme bei den Öffis
Der Beirat selbst sieht sich nicht als Lobby-Organisation, eher als Servicestelle. Er berät mit Experten über die alltäglichen Probleme von Senioren, beispielsweise im Umgang mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Beim Kartenlösen im Bus fahre der Chauffeur teilweise zu früh los, was zu Stürzen führen könne. „Mit den ÖBB-Fahrkartenautomaten gibt es auch öfters Probleme“, erzählt De Gaspari. Weitere Themen: Aktiv im Alter, sicheres Wohnen, Verkehrssicherheit, Pflege und gemeinsam statt einsam.
Erich De Gaspari blickt auf seinen handgeschriebenen Zettel, den er extra für dieses Gespräch vorbereitet hat. Er zählt weiter auf: „Wir machen Seminare, Vorträge, sportliche Aktivitäten, Computerkurse, Exkursionen und erstellen Broschüren. Diese zum Beispiel.“ Er hält ein grünes Heft in die Luft, auf dem „Wolfurt, Vorsorgemappe“ zu lesen ist. Eine solche gibt es für jede Gemeinde. Darin ist genau aufgelistet, was Angehörige zu tun haben, falls dem älteren Familienmitglied etwas passieren sollte. Dafür muss ein detaillierter Fragebogen ausgefüllt werden. Auch der Notfallbutton geht auf den Seniorenbeirat in Zusammenarbeit mit dem Roten Kreuz zurück.
An einem Strang
Wenn De Gaspari erzählt, vermischt er teilweise Aktivitäten des Pensionistenverbandes (PVÖ) mit denen des Beirats. Auch die des Seniorenbundes kommen immer wieder vor. Kein Wunder: Sie gehen Hand in Hand. Obwohl die drei großen parteinahen Organisationen vertreten sind, spiele Parteipolitik keine Rolle, erzählt der Vorarlberger PVÖ-Chef. Im Gegenteil: „Die meisten Beschlüsse fallen einstimmig.“ Zwar gäbe es in den Gemeinden sehr wohl einige Mitglieder, die gegenüber dem anderen auf stur stellen, „das kommt aber selten vor“.
Weitaus höher sei die Anzahl derer, die bei zwei Vereinen dabei sind. „Das fällt uns dann auf, wenn unser Kegelmeister beim PVÖ auch der Meister des Seniorenbundes ist“, sagt De Gaspari und grinst. „Das ist aber okay so. Wir vertreten ja die gleichen Anliegen.“
Für alle da
60.000 Personen im Alter über 60 Jahren zählt das Land Vorarlberg, über die Hälfte davon ist in den großen Vereinen organisiert und damit auch im Beirat vertreten. „Wir treten aber natürlich für alle ein“, stellt De Gaspari klar und setzt leidenschaftlich fort: „Wir sind gegen die Diskriminierung durch das Alter, wir treten für einen Dialog zwischen Alt und Jung ein, wir sind für die Werterhaltung der Pensionen. Die Generation, die dieses Land aufgebaut hat und den Lebensstil ermöglichte, soll davon auch etwas haben. Geht’s Oma und Opa gut, dann geht’s dem Kind und vor allem dem Enkel gut.“
Seit 22 Jahren ist De Gaspari als Ombudsmann tätig. Nun auch als Vorsitzender des Beirats, aber, wie schon erwähnt, nur bis ein neuer gewählt wird. Der Beirat ist ein Amt der Vorarlberger Landesregierung und damit voll in Landeshand. Die Geschäftsführung ist deswegen im Landhaus beheimatet.
Der Seniorenbeirat
» Mitglieder: Wermer Gächter (Koblach, Gemeindeverband), Claudio Tedeschi (Dornbirn, Caritas), Franz Abbrederis (Rankweil, IfS), Werner Sulzer (Bregenz, Familienbund), Anna Veigl (Bregenz, Familienverband), Gottfried Feurstein (Andelsbuch, Seniorenbund), Josef Gantner (Bludenz, Seniorenbund), Eric De Gaspari (Dornbirn, Pensionistenverband), Annegret Senn (Bregenz, Volkshilfe), Hugo Egger (Hohenems, Seniorenring), bis 31.10: Helmut Gerster (Thüringen, Gemeindeverband).
» Aktivitäten: Darf sich zu Gesetzen äußern, lädt Experten ein, erstellt Broschüren zu Themen wie Pflege oder gemeinsam statt einsam.
» Der Seniorenbeirat vertritt die Senioren (Personen ab 60 Jahren) in Vorarlberg. Über die Hälfte dieser 60.000 sind in den teilnehmenden Vereinen organisiert.